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Hommage an Nabokov

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Parodie wäre zuwenig, Liebesgeschichte zuviel über dieses Buch gesagt. Parodie würde die Federleichtigkeit andeuten, mit der hier von Liebe geschrieben wird. Doch Liebe tritt auch so ausfällig auf, daß sie drei Leichen und einen Schwerverletzten hinterläßt. Also ein Fall zwischen leicht und schwer, kunstvoll changierend zwischen. Amüsement und Ergriffenheit.

Ein amerikanischer Vogelfetischist aus dem Ostküsten-Collegemilieu fliegt beim Versuch, eine Gans handfest zu vergewaltigen, von der Universität. Derart aus der Bahn geraten, geht er nun seiner erotischen Neigung auf einer Insel im Lago Maggiore nach. Er heiratet flugs eine Parkwächterin, um sie sogleich ganz abartig - gewöhnlich mit einer Pfauenhenne- zu betrügen. Entdeckung, Panik, Amoklauf. Die Federn und die Fetzen fliegen.

Das Verfahren des Schundromans wird dabei umgekehrt, ein abgegriffenes Schauerstück ins ernsthafte Original zurückrestauriert. Aus dem Abartigen wird das Allgemeine, das Kitschige zur Kunst. Dies gelingt der

Autorin auf verschiedenen Ebenen. Minutiös sind die Beschreibungen der Vögel, der Vogelseele gleichsam: es sind feinste kolorierte Zeichnungen, die an die Vogelbilder Audubons erinnern. Der Leser begreift die Schönheitsleidenschaft des hingerissnen Helden.

Entsprechend sind die beiden Haupttypen sehr real: der Mann mit seiner poetisch-tragischen Veranlagung, die Frau mit ihrer modischkleinlichen Normalität. Das Poetische und das Normale treffen niveaugleich als Passionen aufeinander. Sie könnten sich, denkt sich der Leser seufzend, gut vertragen, wenn vielleicht etwas dazukäme: die Kunst des Erhebens etwa, mit der man sich ein paar Etagen höher dann verständigt, wo sich die Verschiedenheiten nicht mehr reiben müssen. Doch das ist eine andere Geschichte ... Die ehrliche Autorin gibt als Vorlage „Lolita" an. Entstanden ist eine Hommage an Vladimir Nabokov, und zwar, immerhin, weit mehr als eine Parodie.

ZWISCHEN FRAUEN UND PFAUEN

Roman von Marie-Gabrielle Hohenlohe. Engelhorn Verlag, Stuttgart 1996. 215 Seiten, geb., öS 2)7,-

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