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Erwachen osteuropäischer Städte

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„Eine Stadt, die fähig wird, über sich zu sprechen, wird auch eine Sprache dafür finden, was mit ihr geschehen ist." Das schreibt Karl Schlögel in seinem Buch „Das Wunder von Nish-nij oder die Rückkehr der Städte".

Das Buch ist eine Zusammenfassung seiner in den letzten Jahren veröffentlichten Essays und Berichte über osteuropäische Städte. Als profunder Kenner dieses so ganz anderen Teiles Europas beschreibt der Autor das Erwachen Osteuropas.

Geschichtsträchtige und doch lange vergessene Städte wie Wilna, Lemberg, Czemowitz oder Nishnij Nowgorod sowie Metropolen wie Moskau oder Berlin bilden hier vorerst „Laboratorien des Umbaus und Übergangs". Schlögel bringt Momentaufnahmen aus dem Alltagsleben dieser Städte; Szenerien nicht bloß in ihrer historisch-geographischen, sondern vor allem in ihrer geistigen Dimension. Es ist ein Nachflenken des Verfassers über die entstandene neue Lebenswelt im östlichen Europa und ihre Auswirkungen. Ebenso Reflexionen über Geschehnisse, die den Städten ihre historische Substanz verliehen haben - ein Gut, das unter den Ruinen der bisherigen Regimes erst jetzt wieder mühsam freigelegt werden muß. Obwohl äußere Grenzen gefallen sind, im Inneren muß der Wandel erst allmählich vollzogen werden.

Für den Westen besteht der kategorische Imperativ darin, die jungen Demokratien auf ihrem Weg zur Autonomie radikal ernst zu nehmen. Denn: „Erst wenn die sogenannten Randstaaten wieder im Bewußtsein sind, hat der Kontinent seine Kontur zurückgewonnen."

DAS WUNDER VON NISHNIJ ODER DIE RÜCKKEHR DER STÄDTE. Von Karl Schlögel. Eichborn Verlag, Frankfurt 1991. 403 Seiten, öS 343,20.

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