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„Es gibt einen legitimen Ansprudi des Fabrikanten"

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FURCHE: Herr Kneissl, es soll kein Hohn sein, wenn wir Sie ausgerechnet zu dem Zeitpunkt, an dem das einstige österreichische Skiwunderteam zumindest bei den Herren eine Schlappe nach der anderen einstecken muß, über die Zukunftsentwicklung des Skilaufes im allgemeinen und des Skirennsportes im besonderen befragen.

KNEISSL: Die Entwicklung hat, unbeschadet der sich in dieser Saison nicht im erwünschten Ausmaß einsteilenden Erfolge, ihre in jeder Hinsicht expandierende Tendenz nicht eingebüßt. Leider-bewegen wir uns noch in einem Anachronismus, und ės konnte -bis jetzt noch nicht überwunden werden, daß in einer Zeit, in der der Skilauf einen so bedeutenden Wirtschaftsfaktor darstellt, der eigentlich von der Schuhfabrikation bis zur Herstellung von Hosenträgern und Brillen zahlreiche Wirtschaftszweige ‘ unmittelbar oder mittelbar berührt und speziell in Österreich für die Fremdenverkehrswirtschaft einen nicht mehr wegzudenkenden Werbef aktor bildet, der Amateurgedanke im Sinne Coubertins, so schön und großartig dieser zu seiner Zeit auch war, ausgelegt wird.

FURCHE: Nun — nächstes Jahr ist ein Olympiajahr. Österreich hat zu den vorolympischen Spielen nur seine zweite Garnitur an Rennläufern nach Sapporo entsandt und damit den Franzosen geradezu kampflos ein Feld überlassen, das als einer der in Zukunft absatzträchtigsten Märkte angesehen wird. Halten Sie diese Maßnahme nicht für einen schweren taktischen Fehler der Verantwortlichen?

KNEISSL: Nein; gerade in diesem Zusammenhang möchte ich mich gegen die von manchen Seiten vorgenommenen Übertreibungen und Hochspieiungen aussprechen. Diese olympische Generalprobe in Sapporo hatte hauptsächlich den Zweck, Erfahrungen auf den wichtigsten Gebieten zu sammeln, um 1972 bei den Spielen bestens gerüstet zu sein. Und ich glaube, daß diese Aufgabe von der nach Ja pan entsandten Vertretung zufriedenstellend gelöst worden ist. Der Kampf um den japanischen oder asiatischen Markt ist gewiß nicht durch die Ergebnisse bei der Generalprobe entschieden worden.

FURCHE: Aber wie soll es nach den Mißerfolgen weitergehen? Der im österreichischen Skilager ausgebrochene Zwist läßt die Vermutung auftauchen, der Fabri- kantenproporz im Nationalkader sei mit eine der Hauptursachen für die derzeitige Mißerfolgsserie und der damit auf tretenden Spannungen;. ..

KNEISSL: Ich muß Ihnen hierin entschieden widersprechen; es gibt keinen Proporz der Skifabrikanten! Einzig und allein die Leistung der einzelnen Rennläufer, das heißt, seine FIS-Punkte, entscheidet über seine Aufnahme in den Nationalkader, und nicht der behauptete Einfluß der Produzenten. Da kommt es hingegen öfter vor, daß ein Landesskiwart, der um seinen Posten zittert und Erfolge vorweisen möchte, mit verschiedenen Mitteln versucht, Läufer aus seinem Bundesland in die Nationalmannschaft zu bringen… FURCHE: … und die Skifabrikanten versuchten und versuchen auch nie, mittels Interventionen bei der Rennsportleitung einen Startnummerntausch oder andere Vorteile für ihre Rennläufer herauszuholen?

KNEISSL: Diese Behauptung kann ich, soweit sie auf meine Firma gemünzt sein sollte, mit bestem Gewissen zurückweisen. Solche Versuche einer Einflußnahme sind allerdings schon vorgekommen, doch möchte ich keine Namen nennen und alte Suppen aufwärmen.

FURCHE: Dennoch ist es ein offenes Geheimnis, daß in anderen Ländern Einfluß und Mitsprache von Skiproduzenten bei weitem nicht österreichische Maßstäbe erreichen. So hat beispielsweise ein französischer Spitzenläufer die Wahlmöglichkeit zwischen verschiedenen Fabrikaten. Warum ist es in Österreich nicht möglich, - etwa vom „Kneissl“- Abfahrtsski auf „Fischer"-Slalombrettln umzusteigen oder umgekehrt?

KNEISSL: Sie dürfen nicht vergessen, daß in Österreich fünf große Skiprodüzenten existieren, was in anderen Ländern nicht der Fall ist. Dazu gibt es in der freien Wirtschaft einen durchaus legitimen Anspruch eines Fabrikanten auf die Wahrnehmung seiner wirtschaftlichen Interessen. Wie die jüngste Entwicklung jedoch zeigt, sind wir Skiproduzenten einhellig der Auffassung, daß es nicht so wichtig ist, ob „Kneissl“ oder „Fischer“ siegt, sondern das wesentliche für uns darin besteht, daß Österreich siegt!

Mit Franz Kneissl sprach Winfried Eder.

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