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Falsche Wassa

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(Theater in der Josefstadt, Wien; „Wassa Schelesnowa" von Maxim Gorki) Eine große Rolle. Carla Hagen spielt das monströse Mut- tertier verhalten, fast gütig, von Konflikten zerrissen, die sich in kurzen Gewaltakten gegen die Tischplatte Luft machen, Michaela Rosen die Rachel als gebrochene Revolutionärin, Stefan Wigger den Prochor als verkörperte Gier. Hans Lietzau gelang eine exemplarische Inszenierung. Freilich nicht jener „Wassa", die an der Verkommen- heit ihrer Klasse zerbricht. Gespielt wird wieder einmal die unter dem Druck des Stalinschen Terrors ent- standene Fassung von 1935. 25 Jahre nach der erfolgreichen Er- stfassung machte Gorki aus der Wassa die falsche Schurkin und stellte ihr die Revolutionärin Ra- chel gegenüber, die Papier redet und unlogisch handelt: Erst will sie Wassa zwingen, ihren Sohn her- auszugeben, dann will sie ihn doch nicht, um für die Revolution frei zu sein. Gorki verteidigte damals die Arbeitslager, aber es gelang ihm nicht, überzeugend zu lügen. Weni- ge Monate später war er tot. Stalin ließ sich beim Tragen des Sargs fo- tografieren; als er zwei Jahre später Geheimdienstchef Jagoda erschie- ßen ließ, wurde dem zunächst auch der Mord an Gorki angelastet.

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