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Farbe: Violett

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Im Advent spürt man besonders deutlich die Merkmale einer ,Jiaben-Gesell-schaft“. (Wobei Erich Fromms Unterscheidung von Haben oder Sein bedacht wird.) Während man in früheren Zeiten zur Vorbereitung auf wichtige Feste und Feiern den Rückzug antrat — durch Stille, Besinnung, Fasten —, wird heute anstatt dessen vor allem gekauft. Gekauft zum eigenen Konsum für die Feiertage und zum Konsum für andere in Form der Weihnachtsgeschenke.

Wie uns die Wirtschaft versichert, ist die Adventzeit die alljährlich größte Orgie im Erwerben und Schenken (genauer: im Kaufen und Tauschen). Dagegen anzubrüllen, scheint sinnlos. Vielleicht kann nur jeder für sich allein dagegen anschweigen.

Violett ist die Farbe, in der die Kirche signalisiert, daß wir von unseren Ausflügen“ in die Welt „einkehren“ sollen. Violett ist nicht nur die Farbe der Buße und der Umkehr, sondern auch die Farbe der Vertiefung und Besinnung.

Wie wir uns bei der Einkehr in einem Gasthaus leiblich ernähren, so soll uns die geistliche Einkehr seelische Nahrung bringen. Weil wir das heutzutage nicht mehr so leicht über Wochen hin fertigbringen, nehmen sich wenigstens aktive Christen für einen „Zinkehrtag“ aus der Betriebsamkeit des Alltags heraus, um in einer solchen Oase der Stille zu sich selbst und zu Gott zu finden.

Die Symbolik der violetten Farbe im Gottesdienst ist nicht ganz eindeutig. Entstanden ist sie wohl ursprünglich aus der verschieden intensiven Färbung mit Purpur. So lassen sich (außer Grün) alle liturgischen Farben erklären: weiß — rosa — rot — violett — schwarz (mit dunkelrotem Glanz). Farbstoff war teuer, die kostbarste Farbe war schwarz.

In der Symbolik enthält violett die Farben des Himmels (blau) und der Erde (rot wie Blut, Vitalität, Leidenschaft). Möglicherweise spricht sich in der liturgischen Farbe des Advents und der Fastenzeit auch die Sehnsucht nach der Verbindung zwischen Himmel und Erde aus. Ähnlich die Erklärung, daß sich im Violett das Ringen zwischen Geist (blau) und Fleisch (rot) ausdrückt.

Was immer die Hintergründe sein mögen, die Botschaft erreicht uns in einer Zeit, die andere Botschaften liebt. Während die Slogans schreien: „Shopping macht happy!“, lautet der violette Protest: Du bist nicht, was du hast, sondern du bist, was du bist.

Im Vertrauen auf deine Kaufkraft wirst du deine Seele verlieren. Wenn du deine Seele finden — und retten — willst, mußt du dich in die Stille begeben.

Dritter Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

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