war langjähriger Akademiker- und Künstlerseelsorger der Diözese Linz, Autor, Musiker und Rektor der Ursulinenkirche in Linz. Ebenso war er Mitinitiator der Pfarrer-Initiative und FURCHE-Kolumnist.
Am Beginn standen junge Intellektuelle um den Akademiker- und
Künstlerseelsorger Otto Mauer. Heute kann der Katholische
Akademikerverband auf 70 Jahre seines Wirkens zurückblicken.
Der heilige Petrus wie der heilige Franziskus dürften ob des derzeitigen Papstfindungsmodus schmunzeln. Oder sich - gleich vielen Katholiken - über Überraschungen freuen.Ein neuer Papst mit dem irritierend "neuen“ Namen Franziskus lenkt auf bemerkenswerte Weise den Blick zurück in die Kirchengeschichte: nicht nur auf Franz von Assisi, den Adolf Holl in origineller Beobachtung den "letzten Christen“ nennt, sondern auch auf Petrus, der in ähnlich origineller Weise gelegentlich "der erste Papst“ genannt wird. Beide hätten sich wohl über diese Einstufung gewundert. Vielleicht hätten
Das Zeichen der Hinrichtung Jesu ist zum Ornament verkommen: als Schmuck im Dekolleté von Popstars wie als goldenes Brustkreuz christlicher Würdenträger. Eine Karfreitagsprovokation."Die Juden fordern Zeichen, die Griechen suchen Weisheit. Wir dagegen verkündigen Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein empörendes Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1 Kor 1,22-26)Die Allgegenwart des Kreuzes im katholischen Raum ist eine unerkannte Provokation: Die Hinrichtung des Religionsstifters ist zum
Maximilian Aichern, emeritierter Bischof von Linz, beging sein 30-jähriges Amtsjubiläum: ein Seelsorger, kein Administrator des pastoralen Verfalls.Das war meine erste Begegnung vor dreißig Jahren: Der damals neu ernannte Linzer Bischof Maximilian Aichern stimmte meinem Wechsel von Wien nach Linz zu. Natürlich war es ein Vertrauensvorschuss, mich, den kecken Studentenseelsorger und Autor einiger umstrittener Bücher, freundlich aufzunehmen. Mit präzisem Personengedächtnis eröffnete mein künftiger Bischof das Vorstellungsgespräch: "Ja, ich habe ihren Vater gekannt.“ Der war
Ende Juni rief der "Aufruf zum Ungehorsam“ der Pfarrer-Initiative bischöflichen Unmut hervor. Ein Vorstandsmitglied der Initiative argumentiert, warum diese Aktion als "Notruf der Getreuen“ und keineswegs als Gefährdung der Einheit der Kirche zu verstehen ist.Wenn Pfarrer protestieren und von Bischöfen zurechtgewiesen werden, dann ist es angebracht, die Struktur des Konfliktes zu bedenken: Protestiert wird von unten und gegen den Protest protestiert wird von oben. Also nichts Neues unter der Sonne: Die Unterhirten, die in der tatsächlichen Seelsorge stehen, sind unfolgsam. Die in der
Vor 15 Jahren brach die Affäre Groër los: Die Missbrauchsvorwürfe gegen den Wiener Kardinal schienen auf einen Einzelfall hinzudeuten. Das Kirchenvolks-Begehren im selben Jahr diente dazu, die Empörung zu besänftigen. Die Aktivisten dieser Aktion (darunter der Autor) haben letztlich nur den empörten Gläubigen beim Dampfablassen assistiert.Es hätte sich gelohnt, bei einer unlängst stattgefundenen Fernsehdiskussion über Pädophilie in der Kirche mitzuzählen, wie oft das Sprachspiel vom „sexuellen Missbrauch“ verwendet wurde. Denn es enthält einen unbewussten Zynismus, der mehr
Durch das Urteil des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofes in Straßburg, nach dem Kreuze in öffentlichen Klassenzimmern nicht mit der Menschenrechtskonvention in Einklang stehen, gehen Wogen hoch. In dieser Debatte wird aber oft eine wichtige Unterscheidung übersehen.Mit großer Regelmäßigkeit taucht ein Konflikt um religiöse Symbole auf, der besonders ärgerlich ist, weil er auf sachlicher Unkenntnis beruht: der Streit um das Kreuz in den Schulklassen. Nicht nur die Medien, sondern auch die Sprecher religiöser Gruppierungen unterscheiden kaum zwischen Kreuz und Kruzifix.Um es
Mit ihrem neuen Weihbischof Gerhard Maria Wagner steuert die katholische Kirche in Oberösterreich auf eine spannende und spannungsreiche Zukunft hin.Manchmal möchte man den Katholiken und ihrer Kirche ein kräftiges und wirksames Konflikttraining wünschen. Denn wie in dieser altehrwürdigen Institution Spannungen und Differenzen verschwiegen, verharmlost, vertuscht, verschleiert und verleugnet werden, zeugt von jahrhundertelanger Übung. Nach einem konfliktbereiten, wenn nicht sogar konfliktfähigen Bischof wird man lange suchen müssen. Der offene und kontroverse Disput unter katholischen
Es ist über 40 Jahre her, dass ich im Laufe meines Musikstudiums an der Wiener Musikakademie – der heutigen Musikuniversität – im Nebenfach „Orgelbaukunde“ bei einer damals legendären Persönlichkeit landete: Prof. Hans Haselböck. (Die beiden anderen von mir frequentierten ähnlich berühmten Lehrer waren Anton Heiller und Ernst Tittel – beide längst verstorben.) Was mir an Hans Haselböck damals imponierte, war neben seiner Kompetenz als mehrfach preisgekrönter Organist – am berühmtesten der dreifache Preis in Haarlem – seine Universalität. Sie betraf nicht nur die
Vor 300 Jahren starb in Lübeck der Barockkomponist Dietrich Buxtehude.Man muss schon ein kundiger Musikfreund sein, um bei der Nennung des Namens "Buxtehude" nicht zu schmunzeln. Ältere Semester erinnern sich vielleicht an die "Tante Trude aus Buxtehude", einen wohl zu Recht vergessenen Film der Siebzigerjahre. In manchen Kindheitserinnerungen verbindet sich der Name mit dem Räuber Hotzenplotz. Norddeutschen Zeitgenossen klingt die niedersächsische Stadt gleichen Namens vielleicht so ähnlich wie dem Österreicher Stixneusiedel oder Stinkenbrunn. Märchenkenner mögen sich an die Brüder
Die Konzerte im Stephansdom waren durch Jahrzehnte ein Teil der Wiener Musikkultur. Jetzt regiert peinlicher Dilettantismus in der Bischofskirche.Die Dom-und Metropolitankirche zu St. Stephan in Wien hat zwar nach einem in Musikerkreisen reichlich bekannten Intrigenspiel seinen international anerkannten Domorganisten und in der Folge auch den bewährten Domkapellmeister verloren, seither auch die in 45 Jahren beliebten und hochwertigen wöchentlichen Orgelkonzerte aufgegeben, aber erst nach einer überlangen Schrecksekunde begonnen, die offenen Stellen neu zu besetzen. Was sich in der
Warum Mozart nicht gläubig sein musste, um große geistliche Musik zu schreiben.Das Leben herausragender Persönlichkeiten im Schatten der Kathedralen und im Umkreis von Kirchenfürsten könnte man etwa so umschreiben: Es ist schwer, in der Nähe des Heiligtums den Glauben zu bewahren. Aus der Entfernung können Rituale und Liturgien, Hierarchen und geistliche Funktionäre durchaus eindrucksvoll wirken. In der Nähe zeigen sich jedoch die menschlichen Schwächen und Ungereimtheiten. Mozarts Leben - in den ersten 25 Jahren im engen Kreis der Kirche und im letzten Dezennium in großer Distanz
Nicht dass er in verbaler Rede inkompetent wäre: Seine Bücher haben sowohl Musikern als auch Musikfreunden Augen und Ohren geöffnet. Seine Interviews erweisen ihn als engagiert, sprachmächtig und temperamentvoll. Eine ganze Generation seiner ehemaligen Studenten schmückt ihre Künstlerbiografien mit seinem Namen. Seine ebenso kreativen wie witzigen Sprachschöpfungen füllen einen ganzen Zitatenband mit Aussprüchen aus seiner Probenarbeit. Dennoch: Seine Sprache sind vor allem die Klänge. Oder, um es mit einem von ihm geprägten Wort zu sagen: die Klangrede. Es geht um den Klangredner
Trotz der Liturgiereform des II. Vatikanums stagniert die Gottesdienstkultur: Auch der Gebrauch von "Alltagssprache" macht das Geschehen noch nicht verständlich. Die veränderte Rolle des Priesters wird ebenfalls wenig bedacht.Die vielbejubelte Liturgiereform des Konzils hat neben Erfreulichem auch zu einer bedenklichen Stagnation der Gottesdienstkultur geführt: In den Kirchen werden die Messen zwischen gepflegter Langeweile und liturgischer Kreativhektik selten "gefeiert", sondern meist bloß "gehalten". Es wird viel geredet und wenig zugehört. Die Gemeinden sind mit ihren Seelsorgern
Abseits des Üblichen entstand in der Gemeinde der ältesten Kirche
Wiens - St. Ruprecht - ein sprachlich und musikalisch
durchkomponiertes Werk für die Christmette.
Drastische Kritik: Nach der Liturgiereform des Konzils sind die
katholischen Gottesdienste aus der Balance geraten - nicht nur in
musikalischer Hinsicht.
Die feierliche Atmosphäre des Hauses nahm einen gleich gefangen: Die hohen und weiten Gänge, die vielen Bögen und gewölbten Räume, die auch außerhalb der Kapelle auf eigenartige Weise religiös stimmten. Die geistlichen Vorsteher in den langen schwarzen Gewändern, ihr gemessener Schritt, ihre ruhige Gebärde, ihre gehobene Sprache. Die zahlreichen Regeln und Vorschriften, deren wichtigste bereits in den ersten Stunden bekanntgegeben wurden, deren Einhaltung ungefragt hingenommen wurde und wie auf göttliches Geheiß aufgetragen war.Schon die Sprache verhieß den Nimbus des neuen
1. Eros und Sexualität sind vitale Grundkräfte des Menschen. Sie sind in sich gut und bedürfen keiner besonderen Rechtfertigung. Die Bibel sieht in ihnen - wie in einem Abbild - die Liebe und die Kreativität Gottes ausgedrückt.2. Eros und Sexualität erfüllen sich in der Zuwendung zu einem geliebten Menschen. Diese Zuwendung wird ganzheitlich geschenkt und erfahren - mit allen Kräften und Fähigkeiten des Menschen. Sie wird von der Bibel gutgeheißen.3. Eros und Sexualität haben eine Bedeutung, die über die Biographie der Liebenden hinausgeht, wenn sie neues Leben schaffen und
Diese Redewendung bekam man als öffentlicher und aktiver Christ und Katholik in den letzten Wochen so häufig zu hören, daß sie sich geradezu als Motto einer Pfingstmeditation aufdrängt: Von welchen guten oder bösen Geistern verlassen oder getrieben ist die katholische Kirche Osterreich in die größte Katastrophe seit 1945 - ja was nun -geschritten, getaumelt oder getrieben worden? Und - weniger aktuell-polemisch und dafür etwas grundsätzlicher formuliert: Kann man von der gegenwärtigen Kirche Österreichs noch ernsthaft und glaubwürdig behaupten, daß es der Geist Gottes ist, der
Es ist gar nicht so einfach, guten Gewissens und unbeschwert faul zu sein. (Wenigstens für mich.) Der Druck, tätig zu sein, sitzt tief drinnen und verschafft einem häufig Gewissensbisse, wenn man einen Tag vertrödelt hat. Außer natürlich im Urlaub - und da ist die Untätigkeit auch nicht immer so einfach. Ich vermute, daß viele Menschen in unserer Kultur ähnliche Probleme haben.Zur Erklärung zuerst eine kleine Beobachtung: Wenn man Menschen fragt, wer sie sind, dann stellen sie sich gern mit Namen und Beruf vor. Der Name sagt meist gar nichts über sie aus, der Beruf selten. Was
Martin Scorseses Jesus-Film könnte Anlaß dazu sein, eine christliche Konfliktkultur zu entwickeln. Der Autor vertritt dazu fünf (kursiv hervorgehobene) Thesen. v
Wer in den Feiern zum Gedenken an die Ereignisse von 1938 öffentlich das Wort ergreifen mußte, “ hat sich in der Regel um eine besonders behutsame Sprache und um redliche und taktvolle Formulierungen bemüht. Nicht so Kurt Diemann in einer sowohl vom Schweizer Fernsehen als auch vom „profil“ zitierten Rede.Sozialisten, Freimaurer und Juden werden „zur aller unheiligsten Dreifaltigkeit der Österreich-Feinde“ (wörtlich!) ernannt. Linkskatholiken werden „Tabernakelbolschewiken“ genannt — wie überhaupt ein rauhbeiniger Verbalradikalismus an die Stelle von Argumenten zu treten
Warum nur begehen wir den 50. Jahrestag einer Katastrophe, die Erinnerung eines wirren Bündels aus Schuld, Verhängnis und Trauer? Was zwingt uns, wie ein Kaninchen auf die Schlange, als Österreicher auf ein Datum zu starren, das vor der Geburt und erst recht vor der Verantwortlichkeit der meisten lebenden Österreicher liegt? .feiern“ da bloß die Nachgeborenen die Schuld ihrer Väter?Das Dezimalsystem hat wieder einmal zugeschlagen. Die Mathematik herrscht über unsere Erinnerung. Und wie in einer antiken Tragödie erleben wir die Engführung der politischen Ereignisse mit den Zwängen
Warum nur üben wir uns so gerne im Bekennen fremder Schuld? Was macht es so faszinierend, andern das Gewissen zu erforschen? Worin liegt die Befriedigung, wenn wir wieder einmal andern an die Brust geschlagen haben? Was macht den subtilen Lustgewinn aus, fremde Vergangenheit bewältigt zu haben?Da bereuen Vierzigjährige die Sünden ihrer Väter, Kirchenmänner des 20. Jahrhunderts zerknirschen sich für den Fall Galilei, und wohlmeinende Kritiker verlangen, die Kirche müsse sich für 2000 Jahre Männerherrschaft und Frauenfeindlichkeit entschuldigen.Als ob nicht die beste Reaktion auf die
Das Kirchenjahr endet mit einem sehr jungen Fest zu einer sehr alten Idee: Es wird manchen verwundern, daß das „Fest Christi, des Königs des Weltalls“, wie es im neuen liturgischen Kalender heißt, erst im Jahr1925 eingeführt wurde. (Damals beging man die 1600-Jahr-Feier des ersten allgemeinen Konzils von Nizäa.)Die Rede von Jesus, dem König, ist bereits biblisch — also ältestes kirchliches Glaubensgut. Andrerseits war 1925 die Einrichtung dieses Festes natürlich auch ein demonstrativer Akt politischen Charakters. Und wer die Bekenntnis feiern, die zu diesem Fest noch in der Zeit
Der Jahreskreis schließt sich: Ein Jahr später sind wir dort angekommen, wovon wir vor einem Jahr ausgegangen sind. Wie sinnlose Routine mag es manchem scheinen, die Wiederkehr des ewig Gleichen. Und wer sich in diesem Jahr seiner Veränderung entzogen haben sollte, hat mit dieser Befürchtung recht: Bemerkend, daß er der Gleiche geblieben ist, sollte er mit Brechts Herrn K. erbleichen.Die Wiederkehr des scheinbar Gleichen, der zyklische Ablauf unserer Existenz hat nur einen Sinn, wenn wir unsere Verwandlung riskieren. Risikofreies Leben gibt es nicht, risikofreie Liebe gibt es nicht.Ein
Wenige Jahre vor seinem Tod hat Romano Guardini in seinem berühmt gewordenen Brief anläßlich des dritten Liturgischen Kongresses in Mainz 1965 einige grundlegende Fragen gestellt: ,Jst vielleicht der liturgische Akt, und mit ihm überhaupt das, was Liturgie' heißt, so sehr historisch gebunden — antik, oder mittelalterlich —, daß man sie der Ehrlichkeit wegen ganz aufgeben müßte? Sollte man sich vielleicht zu der Einsicht durchringen, der Mensch des industriellen Zeitalters, der Technik und der durch sie bedingten psychologisch-soziologischen Strukturen sei zum liturgischen A kt
Im Bewußtsein vieler Menschen sind Allerheiligen und Allerseelen zu einem einzigen Fest verschmolzen, in dem das Totengedenken und der Gräberbesuch am Friedhof als kleiner religiöser Rest übriggeblieben sind. Von der inneren Dramaturgie des Kirchenjahres her ist jedoch dieser Doppelfeiertag ein „eschatologisches Innehalten“ kurz vor dem Ende des Jahreskreises. In der melancholischen Atmosphäre der absterbenden Naturlandschaft begeht die Kirche ihr „memento mori“ und die Feier der „communio sancto-rum“ — ein herbstliches Nachdenken über den Tod und das Nachher.Die
Geburt und Tod scheinen gemeinhin extreme Gegensätze zu sein. Der Freude, daß ein neues Leben beginnt, steht die Trauer entgegen, daß ein Leben zu Ende ging. Es ist der Gegensatz von Leben und Tod, von Werden und Vergehen.Nicht so in der Welt des christlichen Glaubens. Dort entspricht der biologischen Geburt die geistliche Wiedergeburt in der Taufe — dem Absterben im Tod entspricht das Wiederaufleben zu einem neuen Leben, zu einem .Leben in Fülle“. Deshalb ist ein christliches Begräbnis letztlich eine Auferstehungs-feier.Als man vor der Einschränkung der Sakramente auf die sieben
Bei vier von sieben Sakramenten gibt es eine Salbung: Taufe, Firmung, Priesterweihe und Krankensalbung. Bei vielen anderen feierlichen Weihehandlungen (Weihe von Kirchen, Altären, Glocken et cetera) wird ebenfalls mit Ol gesalbt. Die Gewichtigkeit der Salbung als religiöses Symbol ist also nicht zu übersehen. Dennoch erschließt sich dieses Zeichen kaum ohne Hinweise aus der Frühgeschichte alter Religionen.Unter den ölen spielte in südlichen Kulturen das des Ölbaums eine besondere Rolle. Nicht nur als wichtiges Nahrungsmittel zur Bereitung zahlreicher Speisen, sondern auch als
Die Siebenzahl der Sakramente stand nicht immer fest. Denn tatsächlich waren Taufe und Firmung ursprünglich ein Ganzes, das Weihesakrament umfaßte andrerseits mehrere Ämter.Auch gab es Zeiten, wo man etwa im Begräbnis ein Sakrament erblickte. Nach antiker Vorstellung war das gar nicht so ungereimt, wie das heute klingen mag. Denn man stellte sich lange Zeit vor, die Seele könne erst ihrer letzten Bestimmung entgegengehen, wenn der Leichnam mit Erde bedeckt wäre. Woraus sich manche Begräbnisformeln erklären, auch vorchristliche, wie jene von der „ewigen Ruhe“.Um die Unscharfe der
Unser Leben verläuft in Phasen und Zyklen. Seit jeher haben die Menschen die Einschnitte des Lebensablaufes, die Weichenstellungen und Lebenswenden mit Festen und aussagekräftigen Symbolen markiert. Man kann wohl sagen, daß sich alle Formen bisher bekannter Kultur dadurch auszeichnen, Lebensabschnitte und Lebenswenden zeichenhaft zu überhöhen.Was wir nun im außer- und vorreligiösen Bereich als lebensgeschichtlich motivierte Feiern und Initiationsriten kennen, finden wir in der christlichen Uberlieferung als Sakramente.Der erste Einschnitt — die Geburt — wird im heutigen Brauchtum in
Die Herkunft der Bezeichnung ist klar: Aus „Quattuor tempora“, den vier (Jahres-) Zeiten wurde Quatember, eine Fasten- und Gebetszeit, die viermal im Jahr stattfand. Die Ursprünge liegen im dunkeln (altrömische Erntedankfeste oder altte-stamentliche Fastenvorschriften) — zur Zeit ist die Pflege der Quatembertage beinahe in Vergessenheit geraten.Ursprünglich war es wohl ein rhythmisches Geschehen. Die Verschränkung von Jahreszeiten und kirchlichen Festzeiten prägte sowohl das bürgerliche als auch das kirchliche Leben. Verträge richteten sich nach den Qua-temberterminen, und
Wenn man von der Atmosphäre eines Raumes oder einer Kirche spricht, dann denkt man wohl zuerst an die Stimmung und Gefühlslage, die ein Raum und seine Gestaltung bewirken kann. Und damit ist nicht nur das architektonische Konzept gemeint, einschließlich der Einrichtung, der Formen, des Lichtes und der Farben. Denn darüber hinaus entwik-kelt ein Raum seine Atmosphäre durch seine Bewohner und Benutzer.Diese soziale Atmosphäre“ wird nicht nur durch den Priester geprägt — wiewohl durch ihn ganz besonders. Ob der Priester seine Aufgabe sorgfältig oder schlampig, unpersönlich oder
Seit wir unsere Türen versperren, geht uns das Empfinden für die Schwelle verloren. Das Schloß hat weitgehend die Schwelle ersetzt. Bei genauerem Bedenken wird der Unterschied deutlich: Das Schloß sperrt aus oder läßt ein — die Schwelle hingegen stellt den Eintritt frei und macht ihn zugleich bewußt.Die vielen versperrten Kirchen unserer Tage lassen gleich gar keine .JSchwellen-angst“ entstehen. Soweit es heute kirchliche Schwellenängste gibt, haben sie die Falschen — zum Beispiel der dem Glauben entfremdete Christ, wenn er wieder einmal die Kirche betritt, nicht aber der
Die Prozession (das „Voranschreiten”), volkstümlich ' „Umgang, Umzug” genannt, gehört zum ältesten Brauchtum vieler Religionen. Man darf darin nicht nur die Fortbewegung erkennen, die nötig ist, um von einem Ort zu einem anderen zu gelangen, vielmehr ist das Gehen, besser: das Schreiten im Gefolge, selbst schon wesentlicher Vollzug.Der Gemeinde soll bewußt werden, daß sie unterwegs ist, daß der „Weg” unseres Lebens nicht nur um des Zieles willen geschieht, sondern sich auch im Gehen selbst erfüllt: Der Weg ist das Ziel. Und dieser Weg ist nicht nur ein einsamer Weg eines
Viele Menschen stehen heute dem Brauch des Wallfahrens skeptisch gegenüber und sagen: Beten kann ich überall. Ähnliches wird gern gegen den sonntäglichen Gemeindegottesdienst ins Treffen geführt. Soweit es nicht nur bequeme Ausrede ist (weil man ja auch im Wald kaum Menschen trifft, die ihre Andacht verrichten), hat dieser Satz seine prinzipielle Richtigkeit. Doch hinter dem Brauch des Wallfahrens steht mehr.Seit jeher und in vielen Religionen gibt es die Uberzeugung, daß bestimmte Orte durch das Wirken Gottes geheiligt sind. Und die Erinnerung an dieses Wirken lebt nun in den Menschen
Vom Kuß zum Händedruck. So könnte man die Geschichte des christlichen Friedensgrußes überschreiben. Und tatsächlich gibt es wenige Symbole, deren Entwicklung so aufschlußreich -um nicht zu sagen: verräterisch — ist.In den kleinen und miteinander vertrauten Gruppen der frühen Kirche war das wohl auch einfacher: Dort wurde umarmt und geküßt. Die Unbefangenheit ging so weit, daß besorgte Prediger meinten, warnen zu müssen, damit die Friedensküsse zwischen Christen und Christinnen nicht allzuviel Intimität spüren ließen. (Eine Sorge, die man sich heute getrost sparen kann.)Die
Das Zusammengeben der Hände als äußeres Zeichen des Betens ist in unserem Kulturkreis in mehreren Formen bekannt. Die wohl klassische Form des Hände-faltens wurde in der Kunst immer wieder dargestellt, so in Dürers berühmten „betenden Händen” (einer Skizze für ein später ausgeführtes Ölgemälde).Obwohl diese sehr strenge Körperhaltung heute häufig durch andere Gesten ersetzt wird, läßt sie die ursprüngliche Bedeutung genauer erkennen: Die aufeinandergelegten Handflächen signalisieren in deutlicher Körpersprache die Sammlung, den Gang nach innen, die Engführung der
Die Segensgeste des Ausbreitens der Hände verdichtet sich zur Handauflegung. Hier wird die nur sichtbare zur spürbaren Geste, zur Berührung. Und hier entfaltet sich die starke Sinnlichkeit, die in der katholischen Tradition der sakramentalen Zeichen steckt. Es geht dabei tatsächlich um unsere Leibhaftigkeit, um unsere Fähigkeit, mit den Sinnen in Kontakt zur Umwelt ‘und den Menschen zu treten. Ebenso, wie wir mit unserer Sinnlichkeit die Welt „begreifen“ wollen, wollen sakramentale Zeichen und Symbole „die andere Welt Gottes“ uns begreiflich machen.Beim Erstlingssegen eines
Es gehört zu den täglichen Gesten unserer Gottesdienste, daß der Priester die Arme ausbreitet. Diese Geste ist uns so vertraut, daß wir sie kaum mehr bedenken. So bemerken auch nur mehr wenige, daß es sich dabei um mindestens drei verschiedene Gesten handelt — wenn auch die äußere Ähnlichkeit nur eine einzige Bedeutung vermuten ließe.Gleich zu Beginn des Gottesdienstes breitet der Priester die Hände zum Gruß aus: Der Herr sei mit euch! Diese Handbewegung ist auf die Gemeinde hin gerichtet, vergleichbar dem Offnen der Arme, um einen vertrauten Menschen zu begrüßen, ja ihn
Das Kirchenjahr teilt sich — wenig beachtet — in zwei Hälften: Die erste Hälfte ist durch den kleineren Festkreis rund um Weihnachten und den größeren rund um Ostern recht genau strukturiert. Es gibt kaum Sonntage, die nicht durch die beiden Festkreise und ihre Vorbereitungszeit oder die folgenden Festtage geprägt wären. (Lediglich zwischen die beiden Kreise schiebt sich eine veränderlich kleine Zahl von sogenannten „Sonntagen im Jahreskreis", da sich ja durchüßen variablen Oster- termm ein variabler ,fZeit- polster" vor Beginn der Fastenzeit ergibt.)Die zweite Jahreshälfte,
Sie ist eine im festlichen Gottesdienst selten verwendete Farbe. Wir kennen sie vor allem von Pfingsten und den Festen der Märtyrer. Zu Pfingsten erinnert sie an die Feuerzungen, die als Zeichen des Heiligen Geistes dessen Herabkunft auf die Apostelgemeinde versinnbilden. An den Festen der Blutzeugen verweisen sie auf eben dieses Zeugnis des Blutes.In der allgemeinen Färb- , Symbolik verdichtet sich die Assoziation von Feuer und Blut noch weiter: zur Leidenschaft, zum Kampf — so auch als politisches Signal für revolutionäre Ideen; andererseits aber auch als Farbe der Lebendigkeit, des
Es mag hart klingen — aber der Wein ist (wenigstens in der katholischen Tradition) das unterschlagene Symbol der Eucharistie. Die Kelchkommunion für Laien war wiederholt in der Kirchengeschichte erbittert umstritten. Nach dem letzten Konzil wurde sie wenigstens für besondere Fälle wieder gestattet. Praktische Gründe haben nicht nur zur dünnen papierartigen Hostie, sondern auch zum fast völligen Verzicht auf die Kelchkommunion geführt.Dabei vermerken die biblischen Einsetzungsberichte gerade bei den Stellen, wo Jesus den Aposteln den Wein reicht, daß „alle“ davon trinken. Wir
Vielen Symbolen der Christenheit ergeht es so wie dem Brot in der Messe: vom kräftigen sinnlichen Zeichen blieb ein dünnes geschmackloses Blättchen. Ob vom inneren Verständnis auch so wenig übriggeblieben ist wie vom äußeren Zeichen?Grund genug, es wieder einmal deutlich in Erinnerung zu rufen: Das Brot des Letzten Abendmahles verdient es nicht, als kleine Oblate bloß durch Anschauen und Niederknien verehrt zu werden. Die goldene Monstranz ist kein Ersatz für ein unterlassenes Mahl. Die Feierlichkeiten um Fronleichnam werden zur dürftigen Folklore, wenn die Aufforderung ,fNehmt, und
In der Sprache des alltäglichen kirchlichen Gebrauchs ist ein Mysterium etwas, das wir Menschen nicht verstehen — ein unergründliches Geheimnis also, von dem wir lieber die Finger lassen sollten. Gern bemüht wird dieses Wort, wenn von der Dreifaltigkeit die Rede ist oder vom Verständnis der Eucharistie. So wird auch gern hinzugefügt, wir würden ja auch deshalb den Einsetzungsbericht (Wandlung) mit den Worten kommentieren: ,Mysterium fidei" — Geheimnis des Glaubens.Hinter all dem steht ein altes Mißverständnis. Denn das Wort kommt vom griechischen „myein“ - verschließen — und
Die Sendung des Heiligen Geistes über die allererste Christengemeinde (der Apostel mit Maria) wird von der Apostelgeschichte mit zwei elementaren Symbolen dargestellt: dem Sturm und dem Feuer. So sind nach alttesta- mentlichem Vorbild gleich zwei der vier Elemente zum Zeichen des göttlichen Wirkens bestellt. Dem Kenner der Bibel kommen zu beiden Bildern zahlreiche Assoziationen:Der Sturmwind erinnert an den Geist Gottes, der über den Wassern schwebte, an den Atem Gottes, mit dem der erste Mensch belebt wurde, an den Ostwind, der beim Exodus das Schilfmeer austrocknete und so Israel rettete.
Im wichtigsten Festkreis der Christenheit rund um das Osterfest spielen die Zahlen eine wichtige Rolle: 40 Tage der vorbereitenden Fastenzeit (die Sonntage nicht mitgerechnet) und 50 Tage der folgenden Zeit bis Pfingsten ergeben zusammen einen Zeitraum von beinahe 100 Tagen — mehr als ein Viertel des gesamten Jahres. Während die 40 Tage an Jesu Fasten in der Wüste und an andere biblische Vorbilder erinnern, hält sich der Pfingst- termin an die Angabe der Apostelgeschichte, in der die Geistsendung dem jüdischen Pfingstfest zugeordnet wird: eben fünfzig Tage nach dem Paschafest.Auch
Es ist bemerkenswert, daß die beiden großen Feste der Christenheit doppelt begangen werden. (Wobei davon abzusehen ist, daß ja die Hochfeste Ostern und Weihnachten selbst schon tagelang gefeiert werden - wenigstens im liturgischen Kalender.) Ähnlich, wie wir mit Epiphanie (,JDreikönig") ein zweites und eigentlich älteres Weihnachtsfest kennen, begehen wir auch mit Christi Himmelfahrt ein zweites Osterfest.Hier allerdings das jüngere. Denn ursprünglich wurde die Himmelfahrt Christi zugleich mit Pfingsten am Ende der SOtägigen Osterzeit gefeiert. Da man zuerst in den verschiedenen
Es ist eigenartig, daß ein so allgemein verbreitetes und in allen Kulturen beheimatetes Symbol wie die Blume in den liturgischen Büchern und Vorschriften nicht vorkommt. Am ehesten noch in der Anordnung, an den Kartagen auf Blumenschmuck zu verzichten.Dennoch: Das Brauchtum, vor allem in Zusammenhang mit der Marienverehrung im Mai und mit dem Fronleichnamsfest, schätzt und liebt die Blume und weiß um ihre uralte und vielfältige Symbolik.Abgesehen von den einzelnen Gattungen und deren Bedeutungen, sowohl im weltlichen als auch im religiösen Bereich, ist auch die Blume ganz allgemein und
Während sich im Muttertag eine profane Form des Mutterkuites kommerzialisiert, scheint sich ihr geistliches Gegenstück, die Marienverehrung im Mai, zu verflüchtigen. Angesichts mancher Übertreibungen früherer Zeiten und wegen seines ökumenischen Aspektes mag das auch gute Seiten haben. Doch scheint damit auch ein wertvolles Gut katholischer Tradition verlorenzugehen.Bei beiden Phänomenen — beim recht jungen Muttertag und beim sehr alten Marienmonat — lohnt sich eine religionspsychologische Überlegung. Man wird kaum fehlgehen, wenn man am alljährlichen Mutfertagsritual auch die
Für viele Menschen ist Ostern zu einem bloßen Frühlingsfest geworden. Bewußte Christen mag das irritieren, weil es ihnen doch um das Fest der Auferstehung Jesu geht, das sie nicht in seiner Bedeutung herabgemindert sehen möchten. Vielleicht wird es sie trösten, wenn sie hören, daß Ostern sehr wohl mit Frühling zu tun hat, daß also die Freude über das Wiedererwachen der Natur durchaus mit dem Wesen des christlichen Osterfestes zu tun hat — wenn auch in vorreligiöser Weise.Schon das jüdische Feiern des Pesach (Passah, Pascha) in Erinnerung an die Befreiung aus der Sklaverei
Es ist eine typisch abendländische Weisheit, daß das „Wasser zum Waschen“ dasei. Man muß schon sehr viel Wasser haben, um darin den Hauptsinn zu sehen. Für einen Orientalen ist das ganz anders: Für ihn ist das seltene und kostbare Wasser Zeichen des Lebens — zum Trinken und zum Bewässern. Beim Waschen mag man da sparsamer sein.Die Bedeutung des Wassers als christliches Symbol ist daher vom Orient her zu verstehen: Ohne Wasser gibt es kein Leben, nur Wüste, Tod und Verderben. Ins Wasser eingetaucht werden heißt: in neues Leben eingetaucht werden, wiedergeboren werden. Erst die
Die Vorstellung von der vorösterlichen Bußzeit ist zwar sehr alt, aber irreführend. Hinter ihr steht unausgesprochen die Meinung, man sündige eben das ganze Jahr, in den Wochen vor Ostern aber habe man hiefür Buße zu leisten. Die Fast- nachts- und Karnevalsbräuche zeugen noch von diesem Mißverständnis.Auch der Sprachgebrauch, der etwa vom „Bußgeld“ redet, kennt dieses Ersatz- und Entschädigungsdenken. Ihm liegt ein statisches und fatalistisches Verständnis von Sünde und Schuld zugrunde. Letztlich wird in die Regelmäßigkeit von Schuld und Buße wie in ein unausweichliches
Wenn das Fasten keine bloße Selbstquälerei sein soll, sondern seinen Wert daher bezieht, wodurch es motiviert ist, dann ist ein Fasten um anderer willen sicher von besonders schätzenswerter Qualität. Denn gerade Essen und Trinken erinnern uns daran, daß eben nicht alle Menschen hinreichend zu essen und zu trinken haben.Man bleibt an der Oberfläche, wenn man nur fragt: Wie viele werden nicht verhungern, wenn ich einmal faste? Tiefer führt schon die Frage:Mit wie gutem Gewissen kann ich essen, während andere verhungern?Man wird vielleicht einwenden, daß es doch eher ein Symbol wäre,
Fasten ist im herkömmlichen Sinn der bewußte und sparsame Umgang mit Lebensmitteln. Das Wort Lebensmittel“ soll uns deshalb zu einem tieferen Verstand nis des Fastens verhelfen.Im weiteren Sinn sind all jene Dinge Lebens-mittel, die unserem Leben dienen, die uns beim Leben und Überleben behilflich sind. Genaugenommen kann unser gesamter Besitz dem Leben dienen — und sollte es wohl auch. Doch hier bemerken wir einen eigenartigen Mechanismus: Wenn wir nur wenige Dinge besitzen, dann stehen alle Dinge im Dienst des Lebens. Wenn wir mehr als das Nötigste besitzen, beginnt sich das zu
Fasten ist in irgendeiner Form so gut wie allen Kulturen und Religionen bekannt. Man kennt es als Einschränkung im Lebensgenuß, im Essen und Trinken, bei der Kleidung, der Körperpflege, bei der Ausübung der Sexualität. Der christliche Brauch, sich in 40 Fasttagen (die Sonntage nicht eingerechnet) auf Ostern vorzubereiten, stammt schon aus dem frühen Mittelalter. Die Regeln für dieses Fasten waren nach Zeiten und Ländern verschieden, doch in der ausführlichen Form verzichtete man tatsächlich volle 40 Tage auf jegliche tierische Nahrungsmittel.ImLaufe der Jahrhunderte wurde man immer
Beim Nachzählen der 40 Tage währenden Fastenzeit hat schon mancher seine herbe Enttäuschung erlebt: Sie dauert nämlich eine gute Woche länger. Die Erklärung ist einfach, doch wenig bekannt. Denn in den Zeiten der strengen Fastenbräuche fastete man an den Wochentagen, also von Montag bis Samstag. Der Sonntag galt auch in der vorösterlichen Bußzeit als Feiertag, als Erinnerungstag an die Auferstehung. An diesem Tag wurde nicht gefastet. So kam man auf 40 echte Fasttage vor Ostern. Diese Reminiszenz zeigt nicht nur penible Bußgesinnung, sondern auch ganz gute Psychologie im Umgang mit
Die Fastenzeit beginnt mit einem geradezu dramatischen Zeichen — dem Aschenkreuz. Viele interessiert, daß die Asche aus den gesegneten Palmzweigen des Vorjahres bereitet werden soll. Doch die Bedeutung des Symbols Asche ist eine andere, eine doppelte:Asche ist einerseits Staub, Erde — erinnert den Menschen an Tod und Vergänglichkeit. „Aus Staub bist du gebildet — zum Staub wirst du zurückkehren!”Andrerseits entsteht richtige Asche durch Verbrennung. Und Verbrennung ist in der alten Symbolsprache ein Vorgang der Läuterung, der Reinigung. So will die Asche zugleich an die
Die Farben der gottesdienstlichen Gewänder wurden erst spät in der Liturgiegeschichte festgelegt. Die Gewänder selbst gehen auf die Zivilkleidung der Antike zurück. Beim Nachdenken über die liturgischen Farben sind daher sowohl kulturhistorische als auch farbpsychologische Motive zu beachten.Die schlichteste Kleidung war ursprünglich aus ungefärbtem Material, aber auch ungebleicht — daher grau, gelb oder braun. Diese, damals besonders billige und der Einfachheit und der Armut entsprechende Farbe findet sich noch in den Mönchskutten. Durch teure Bleichung ließ sich kostbares Weiß
Wenn man mit Katholiken über den Sonntag spricht, ist bald von der Meßpflicht die Rede. Damit werden zwei irreführende Vorstellungen vermittelt. Die erste redet von der Eucharistiefeier, als wäre sie etwas, was man wie eine mehr oder weniger lästige Pflicht abzusitzen habe. Dieser Eindruck wird dadurch verstärkt, daß gelegentlich (in bester Absicht) gesagt wird, Gott müsse einem doch das kleine Opfer wert sein, einmal in der Woche eine knappe Stunde herzugeben. Als ob es nicht auch darum ginge, daß diese Stunde für einen selbst wertvoll sein sollte.Genau bedacht steht der Rede von
In der Zeit der länger werdenden Tage wird es uns wieder bewußt — diesmal anders als in der müden Spätzeit des Herbstes — wir brauchen das Licht, die Wärme, die Sonne. Heute wissen wir schon mehr über die Zusammenhänge zwischen Stoffwechsel und Lichteinwirkung, wir verstehen leichter, weshalb die Zeit der langen Nächte viele Menschen in Depressionen und Lebenskrisen drängt, weshalb wir im Frühling geradezu Wiederaufleben.Nacht, Finsternis und Kälte bedrohen unsere Vitalität — das ist die eine Seite. Die andere zeigt die Faszination der Nacht: die Zeit der Stille, des
Das Symbol hat die ursprüngliche Botschaft fast verdrängt. Wer überhaupt beim Fest des 2. Februar an etwas Kirchliches denkt, erinnert sich der Kerzenweihe und der Lichterprozession. Der Wandel der Bezeichnungen für dieses Fest macht es dem Gläubigen auch nicht ganz leicht: Maria Reinigung — Maria Lichtmeß — Darstellung des Herrn. Aus einem Marienfest wurde so ein ,fierrenfest“. Doch im Bewußtsein des einfachen Volkes überlebte die Kerze. Der Anlaß — das Reinigungsopfer' der Eltern Jesu im Tempel — bestimmte die Bibeltexte und den Termin des Festes, 40 Tage nach
Uber die Zeitsymbolik der Woche wird wenig nachgedacht. Profan gesehen reden wir vom Wochenbeginn und vom Wochenende und sehen deshalb im Mittwoch die Mitte der Arbeitswoche, in der religiösen Symbolik ist noch manchen der Freitag als Tag der Passion, vielleicht sogar mit dem Gebets-läuten um 15 Uhr, zur Todesstunde Jesu, und der Sonntag als Tag der Auferstehung bekannt.Das Nachdenken über die Woche und die Bedeutung dieses überschaubaren Zeitzyklus führt uns bis in prähistorische Zeiten zurück. Die Ursprünge des Sieben-Tage-Zyklus liegen im Dunkeln. Die jüdische Uberlieferung kennt
Die Benennung der Sonntage im offiziellen kirchlichen Sprachgebrauch erinnert daran, daß das Kirchenjahr zwei große Festkreise kennt, die Sonntage dazwischen aber als „Sonntage im Jahreskreis“ zählt. Diese Zählung ist nicht jedem sofort einsichtig, weil sie nach der weihnachtlichen Festzeit beginnt, aber durch die vor-und nachösterliche Zeit unterbrochen wird. (Die Zählung vor der Liturgiereform mit den „Sonntagen nach Pfingsten“ war da nicht we-t niger kompliziert.)Im Vergleich zur früheren Ordnung des Kirchenjahres fällt auf, daß die beiden Festkreise gestrafft wurden und
Der Beginn einer neuen Zeitrechnung mit der Geburt Christi und der Kalenderwechsel zu Neujahr sind Anlaß, sich auf die Zeit und ihre Bedeutung zu besinnen.Unsere Zeit — irgendwie letzter und unwiederbringlicher Besitz —, wie wir mit dieser Zeit umgehen, entscheidet über Sinn und Unsinn, über geglücktes und mißglücktes Leben. Anstelle so manchen teuer erkauften Geschenkes: ein Stückchen Zeit, wie ein Gutschein auf einen gemeinsamen Abend, ein gutes Gespräch, ein paar gemeinsam verbrachte Tage vielleicht. Mit den Kindern einmal in Ruhe spielen, statt sich mit geschenktem Spielzeug
Kein Fest ist sosehr auf künstliches Licht angewiesen wie Weihnachten. (Wobei natürlich auch die Kerze als künstliches Licht zu gelten hat.) Schon in der Vorbe-reitungszeit spielt die Kerze am Adventkranz geradezu eine Hauptrolle. Und erst die Vielzahl der Kerzen am Weihnachtsbaum. Man kann die abendländische Ausprägung des Weihnachtsfestes nicht verstehen, ohne die Bedeutung künstlichen Lichtes bedacht zu haben.Das ältere Weihnachtsfest ist bekanntlich der 6. Jänner mit dem treffenden Namen Erscheinung des Herrn“. Ihm liegt die Weihnachtsgeschichte des Matthäusevangeliums mit den
Es gibt zwei „Freuden-Sonntage“ im Kirchenjahr, beide in einer „violetten“ Zeit. Dazu eine Erklärung: In der alten Liturgie gab man den Sonntagen gern den (lateinischen) Namen des ersten Wortes aus dem Eingangsvers. So hieß der dritte Adventsonntag „Gaudete“ und der vierte Fastensonntag „Kaetare“ — beides in der Bedeutung von Freude. Es fällt nun auf, daß man nicht die Feste so benannte, sondern einen Sonntag knapp davor.Wer die Symbolsprache der Liturgie zu lesen versteht, kann darin eine Lektion über die Sehnsucht erkennen. Uber jene rätselhafte Gestimmtheit des
Im Advent spürt man besonders deutlich die Merkmale einer ,Jiaben-Gesell-schaft“. (Wobei Erich Fromms Unterscheidung von Haben oder Sein bedacht wird.) Während man in früheren Zeiten zur Vorbereitung auf wichtige Feste und Feiern den Rückzug antrat — durch Stille, Besinnung, Fasten —, wird heute anstatt dessen vor allem gekauft. Gekauft zum eigenen Konsum für die Feiertage und zum Konsum für andere in Form der Weihnachtsgeschenke.Wie uns die Wirtschaft versichert, ist die Adventzeit die alljährlich größte Orgie im Erwerben und Schenken (genauer: im Kaufen und Tauschen). Dagegen
Es gibt ein leeres und ein erfülltes Warten. Man kann sein Leben sozusagen stumpf vor sich hin wartend verbringen. So kann das Leben verstreichen, ohne wirklich gelebt zu werden. Erst wenn unser Warten erfüllt ist von einem Ziel, von einem Wunsch, einer Sehnsucht, dann sprechen wir von Erwartung. Wer die Kindheitserinnerung vom Warten auf das Christkind bewahrt hat, wer sehnsüchtig das Kommen eines geliebten Menschen erwartet hat, der weiß, was Advent ist.Die Christen wußten immer schon, daß es nicht nur den Advent einmal im Jahr gibt, sondern daß unser ganzes Leben ein immerwährender
Die alljährliche Wiederkehr der Festzeiten, der Gebräuche und Symbole im Jahreskreis der Kirche mag den oberflächlichen Zuschauer langweilen. „Axle Jahre wieder“, wird er vielleicht spöttisch sagen.Es gibt tatsächlich so etwas wie eine stumpf plappernde Wiederholung, müde Routine, erstarrte Gesten, totes Ritual. Doch es gibt auch den Gegensatz: die vertiefende Wiederholung, das immer tiefere Eindringen in den Sinn dessen, was die Feste und Bräuche zeigen wollen.Das Kirchenjahr ist eine ,JZatechese im Jahreskreis“, freilich nicht bloß mit den Möglichkeiten einer mündlichen
Tief in uns sitzt eine Sehnsucht nach Geborgenheit, die wir nie endgültig zu stillen vermögen. Wir suchen Umarmungen bei geliebten Menschen - als Kind bei den Eltern, als Erwachsene bei Freunden und Geliebten. Wir bauen uns Höhlen, die uns schützen und bergen sollen - Häuser und Wohnungen, mit angenehmer Atmosphäre, mit weichen Sitz- und Liegeplätzen, mit feinen Stoffen und gedämpftem Licht. Wir wünschen uns Beheimatung an schönen Orten - in einer uns zusagenden Landschaft, in wohlwollender Umgebung und bei lieben Menschen. Doch seit der Vertreibung aus dem allerersten Paradies
Gebet ist wieder soweit literaturfähig geworden, daß es im Titel einer neuen Lyrikanthologie stehen kann. Immerhin findet sich eine der ältesten Anthologien der Literaturgeschichte in der Bibel: die Psalmen.Hervorzuheben die ansehnliche Reihe österreichischer Autoren, auffallend viele Autoren aus der DDR, deren Texte uns sonst kaum zugänglich sind, viele mit Erstdrucken. Die Grenzziehung zwischen profaner und religiöser Lyrik wird angenehmerweise erst gar nicht versucht. Es gibt auch so genügend Gettos.Auslassungen kann man wie in jeder derartigen Sammlung bemängeln (- ich vermißte
Ein Katholik, den eine Ehe* Scheidung trifft, wird außer von seinem Ehepartner noch von allerhand anderem geschieden. Nicht nur, daß so manche bisherige Bekannte und Freunde einen weiten Bogen um den „Scheidungsfall“ machen - bei Frauen mehr als bei Männern-auch in der Kirche wird der Geschiedene zum „Problemfall“.Das beginnt begreiflicherweise schon beim unguten Gefühl des Geschiedenen selbst, mit der bürgerlichen Scheidung etwas getan zu haben, was kirchlich unmöglich bleibt: Das Kirchenrecht hält die alte Ehe weiterhin Tür gültig-Auch eine ungeschriebene
Die Diskussion um den Religionsunterricht, die zuletzt wieder von linken Splittergruppen losgetreten wurde - sie hätten lieber ein Lehrfach „Marxismus“ gesehen - hat auch ihr Gutes. Die Aufgaben, aber auch die Sonderstellung des Unterrichtsfaches „Religion“ in unserem Schulsystem werden wieder grundsätzlich bedacht. Dabei wird spürbar, daß die Schwächen dieses Faches nicht so sehr an den kritisierten Punkten liegen, sondern anderswo.