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Heiliges Brot

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Vielen Symbolen der Christenheit ergeht es so wie dem Brot in der Messe: vom kräftigen sinnlichen Zeichen blieb ein dünnes geschmackloses Blättchen. Ob vom inneren Verständnis auch so wenig übriggeblieben ist wie vom äußeren Zeichen?

Grund genug, es wieder einmal deutlich in Erinnerung zu rufen: Das Brot des Letzten Abendmahles verdient es nicht, als kleine Oblate bloß durch Anschauen und Niederknien verehrt zu werden. Die goldene Monstranz ist kein Ersatz für ein unterlassenes Mahl. Die Feierlichkeiten um Fronleichnam werden zur dürftigen Folklore, wenn die Aufforderung ,fNehmt, und eßt alle davon!“ ungehört bleibt.

Im Alltag empfinden viele Menschen noch die Verlegenheit, wenn Brot übrigbleibt und zu verderben droht: Nein, wegwerfen darf man Brot eigentlich nicht. Weggeworfene und aus marktwirtschaftlichen Gründen vernichtete Lebensmittel gehören zu den großen Obszönitäten unserer Zeit. Das Nachdenken über die großen Lebenszusam- m'enhänge, über Not 'und Hunger in der Welt, macht noch deutlicher, was dieses schlichte Zeichen meint, wenn ihm so große Worte gelten, wie: Brot für das Leben der Welt.

Es wäre nur die halbe Antwort auf solche Fragen, wenn wir es mit dem bewenden ließen, was man im kirchlichen Jargon „kommunizieren“ nennt. Die Gemeinschaft mit Jesus kann zur privatisti- schen Seelenidylle verkommen, wenn ich mich weigere, mit den Menschen zu „kommunizieren“. Unter Ausschluß der Gemeinschaft der Menschen wird die Gemeinschaft mit Jesus fragwürdig. Das Brot bleibt ungeteilt, wenn ich nur mich selbst füttere.

Das Teilen, das Brotbrechen, gehört zur vollen Bedeutung des Symbols. Deshalb ist es schade, daß im heutigen Brauchtum normalerweise „vorgestanzte Portionen“ gereicht werden. So wird „ausgeteilt“ statt „geteilt“. Und die große Hostie des Priesters, die als einzige gebrochen wird, wird üblicherweise von ihm allein gegessen. Es ist schön, daß wenigstens gelegentlich und bei besonderen Anlässen wieder von einem größeren Brot in der Weise gebrochen wird, daß auch im Zeichen alle „von dem einen Brot“ essen.

Obwohl die Gegenwart Christi im Brot nicht davon abhängt, wird es doch gut sein, dem Symbol jene Sorgfalt zuzuwenden, die es wieder in seiner Fülle aussagekräftig macht. Sonst finden wir uns eines Tages in einem gedankenlosen Ritual wieder, dem jegliche Ausstrahlungskraft verlorengegangen ist.

30. Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

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