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Lebensmüden

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Unser Leben verläuft in Phasen und Zyklen. Seit jeher haben die Menschen die Einschnitte des Lebensablaufes, die Weichenstellungen und Lebenswenden mit Festen und aussagekräftigen Symbolen markiert. Man kann wohl sagen, daß sich alle Formen bisher bekannter Kultur dadurch auszeichnen, Lebensabschnitte und Lebenswenden zeichenhaft zu überhöhen.

Was wir nun im außer- und vorreligiösen Bereich als lebensgeschichtlich motivierte Feiern und Initiationsriten kennen, finden wir in der christlichen Uberlieferung als Sakramente.

Der erste Einschnitt — die Geburt — wird im heutigen Brauchtum in der Taufe gefeiert. Der kindliche Beginn, am religiösen Leben der Erwachsenen teilzunehmen, wird in der Erstkommunionfeier symbolstark gefeiert. Der Eintritt ins Erwachsenenleben wird durch die Firmung markiert. Eheschließung und Familiengründung wird im Sakrament der Ehe und die Übernahme eines priesterlichen Amtes (Diakon, Priester, Bischof) im Weihesakrament begangen.

Schuld und Krankheit als die beiden lebensbedrohenden Ereignisse unserer Biographien finden in Buße und Krankensalbung ihren symbolstarken Ausdruck. (Wenngleich hier die Regelmäßigkeit der vorher genannten Einschnitte wegfällt. Ursprünglich wurden diese beiden Sakramente allerdings bewußt selten bei sehr schwerer Schuld oder Krankheit empfangen.)

Völlig aus der Reihe der bisher genannten sieben Sakramente fällt allerdings jenes eine, das nicht für den einmaligen oder seltenen Vollzug gedacht ist, wie die übrigen sechs. Die Eucharistie versteht sich tatsächlich auch von der Symbolik des Essens und Trinkens her als regelmäßig wiederholbares Zeichen des christlichen Alltags. Jahrhundertelang war damit die wöchentliche Feier am Tag der Auferstehung, am Sonntag, gemeint. Tägliche Messen wurden erst später üblich.

Nach frühchristlicher Praxis wurden Taufe, Firmung und Eucharistie nur den Erwachsenen nach eingehender Vorbereitungszeit in der Osternacht gespendet. Erst die Kindertaufe brachte die Trennung und Aufteilung auf die Zeiten des Kirchenjahres mit sich. Und diese Kindertaufe kam erst mit der volkskirchlichen Prägung einer Masseninstitution auf. Zugleich damit eine Verwischung des Entscheidungscharakters, der ursprünglich die Zeichen mit den Lebenswenden verband.

45. Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

Pastoraltheologen über „Evangelisierung in Europa

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