7004960-1987_39_08.jpg
Digital In Arbeit

Quatember

Werbung
Werbung
Werbung

Die Herkunft der Bezeichnung ist klar: Aus „Quattuor tempora“, den vier (Jahres-) Zeiten wurde Quatember, eine Fasten- und Gebetszeit, die viermal im Jahr stattfand. Die Ursprünge liegen im dunkeln (altrömische Erntedankfeste oder altte-stamentliche Fastenvorschriften) — zur Zeit ist die Pflege der Quatembertage beinahe in Vergessenheit geraten.

Ursprünglich war es wohl ein rhythmisches Geschehen. Die Verschränkung von Jahreszeiten und kirchlichen Festzeiten prägte sowohl das bürgerliche als auch das kirchliche Leben. Verträge richteten sich nach den Qua-temberterminen, und Schulden wurden fällig, kirchliche Fastenbräuche und die Weihetermine für geistliche Amter richteten sich danach. Mangels häufiger Priesterweihen empfahl in diesem Jahrhundert die Kirchenleitung an den Quatemberta-gen besonders das Gebet um geistliche Berufe.

Die Neuordnung des kirchlichen Kalenders und der gottesdienstlichen Bräuche nach dem jüngsten Konzil stellte die Wahl der Termine und die Gestaltung den örtlichen Bischofskonferenzen anheim. Wiederbelebungsversuche hatten bisher nur bescheidenen Erfolg.

Es mag beim Verschwinden der Quatember brauche einerseits eine Rolle gespielt haben, daß die kirchlichen Feste und Zeiten im bürgerlichen Leben kaum mehr eine Rolle spielen: Es waren dies der Beginn von Advent-und Fastenzeit und die Wochen nach Pfingsten und Kreuzerhöhung (14. September). Andrerseits sind, wir gerade in den Städten soweit, daß wir das Bewußtsein, in den Jahreszeiten zu leben, weitgehend verloren haben.

Die natürlichen Zyklen von Tag und Nacht, von Sterben und Wiedererwachen der Natur, prägen unseren Alltag in immer geringerem Maß. Viele Menschen sind bis tief in die Nacht hinein wach und verschlafen große Teile des Tages. Im Sommer wird Gletscherschilauf gepflegt und im Winter fliegt man auf eine südliche Sonneninsel. Ostern feiert man in einem Wintersportort und Weihnachten auf den Kanarischen Inseln.

Es mag ganz gut sein, daß uns die alten kirchlichen Bräuche und Zeiten daran erinnern, daß wir bei aller Künstlichkeit unseres Lebensstiles eingebunden bleiben in die großen Zyklen der Natur. Wache und bewußte Menschen sind darüber froh und pflegen deshalb ein kosmisches Bewußtsein, Teil eines großen Schöpfungszusammenhanges zu sein.

44. Teil einer Serie über Zeichen und Symbole im Jahreskreis der Kirche.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung