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Fast ein Wunder

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Genau das, ein echter Minister, war er — ist Otto Rösch noch heute. Eine Persönlichkeit, die deswegen wirksam werden mußte, weil da gar kein Spektakel um ihn war. Eigentlich ein Anachronismus.

Er hat nie den Beifall der Medien gebraucht, er hat sie als Ganzes wegen vieler Leichtfertigkeiten auch nie besonders geschätzt. Und dennoch hatte er den öffentlichen Respekt — ein demokratisches Wunder.

Es waren eben die Leistungen. Sie waren unspektakulär, aber solide. Es fing damit an, daß Rösch Kriegsoffizier als Infantrist war. So ziemlich das Ehrlichste, was die Front verlangte — und er hat das nie verleugnet.

Sein Anfangsweg in der Politik war erfolgreich genug, um ihn schon 1959 zum Staatssekretär im Verteidigungsministerium zuerst bei Karl Schleinzer, dann bei GeorgPrader werden zu lassen. An dieser Stelle hat er nachgedacht und den Zwang zur Herresreform erkannt. Er hat ihn vertreten.

Den Wellenlinien der Politik folgend war er auch Innenminister. Persönlichkeitstypisch hat er sich auch dort wie immer zu Gesetz und Ordnung bekannt, obwohl das bei allzu vielen Schreihälsen Schimpfworte waren und sind. Wir sollten ihm das dennoch danken.

Und 1977, nach dem Lütgendorf-Kannibalismus, wurde er Verteidigungsminister. Besonnen hat er schleifende Zügel in die Hand genommen und eine vernünftige Reform vernünftig weitergeführt. In seiner Zusammenarbeit mit der Armee hat er den Primat der Politik ohne Pathos immer beansprucht — ohne den Stellenwert des Fachmannes zu mißachten. Und er hat eine blitzsaubere Personalpolitik betrieben.

In der Zusammenarbeit mußten seine Mitarbeiter mit einer Menge sarkastischem, oft recht bissigem Humor rechnen. Und sehr fleißig war er auch. Er hat sich unglaublich viel gemerkt, was manchmal ärgerlich war. Das einzige, was er nicht gemocht hat, war Intoleranz.

Schade um Otto Rösch. Er hat ein „Dankeschön" verdient. Sein Nachfolger wird Maß nehmen an ihm. Und das war ziemlich groß — nicht nur körperlich.

Der Autor war bis September 1981 Armee-kommandant.

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