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Ist Österreichs Exekutive besser gerüstet?

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Die Meldung, der von Terroristen entführte deutsche Industriellenchef Hanns-Martin Schleyer sei von drei Polizei beamten beschützt worden, die auf dem Gebiet des Personenschutzes keinerlei Erfahrung gehabt hätten, hat auch in Österreich aufhorchen lassen: So sehr alle Politiker und Experten einer Meinung sind, daß es keinen optimalen Schutz gegen kriminelle Ter- roranschläge gibt, stellt sich doch zumindest die Frage, ob die für die Sicherheit eines Landes Verantwortlichen alle Hebel in Bewegung gesetzt haben, um aus Erfahrungen zu lernen. Denn, daß etwa Österreichs Sicherheitskräfte im Falle eines neuerlichen Anschlages nicht mehr auf dem „status quo“ des Dezember 1975 (OPEC- Uberfall in Wien) stehen, wäre wohl die mindeste Forderung.

Otto Rösch, der kurz vor Weihnachten 1975 als zuständiger Innenminister die Terroristen auf dem Flughafen Schwechat per Handschlag verabschiedet und damit Hohn aus den Reihen der Opposition geerntet hat, ist zwar mittlerweile nicht mehr der Hauptverantwortliche - das ist der ihm in die Herrengasse nachgefolgte Innenminister Erwin Lane - doch ist er als Verteidigungsminister für jene Teile des Heeres zuständig, dip im Wege der „Assistenzleistung“ von der zivilen Gewalt (Bezirkshauptmann, Landeshauptmann oder Innenministerium) zur Aufrechterhaltung der inneren Sicherheit - und damit auch zur Abwehr von Terroranschlägen - angefordert werden können.

Konkret handelt es sich hier um etwa 50 Wachkompanien, die in den einzelnen Bundesländern stationiert sind. Wie aus Offizierskreisen dazu zu hören ist, sind diese Wachkompanien mit Waffen und Geräten ausgerüstet, von denen die regulären Bundesheereinheiten bereits vor zehn Jahren und mehr Abschied genomfrien haben. Die Hauptwaffe dieser Wachkompanien, das völlig überholte, in, seiner Entwicklung bereits 40 Jahre alte amerikanische Gewehr G Ml, wurde gar bereits 1959/60 vom Bundesheer ausrangiert. Daß solche Berichte eingeweih- ter Offiziere keine offizielle Bestätigung erfahren, ist freilich kein Wunder.

„Da bin ich momentan überfragt“, lautet die Antwort des Ministers auf Anfrage der FURCHE. „Da kann ich weder ja noch nein sagen. Bei der Bewaffnung ist auch immer die Frage, für welche Zwecke sie gebraucht wird. Aber da bin ich jetzt wirklich total überfordert, da hab’ ich mir noch keine Meinung dazu gebildet. Die Wachkompanien haben mich noch am wenigsten von Seiten des Heeres interessiert. Ich habe mich mehr interessiert von Seiten des Innenministeriums, weil das ja eine gemeinsame Sache von Gendarmerie, Polizei und Heer ist.“ Rösch verspricht allerdings, der Sache nachzugehen und diesen Vorwurf zu überprüfen.

Was seitens des Innenressorts seit dem OPEC-Überfall konkret geschehen ist, will Rösch nicht auf den Präsentierteller legen: „Ich glaube, da ist verhältnismäßig viel passiert. Wenn Sie jetzt fragen, was geschehen ist, dann verlangen Sie von mir, Ihnen gewissermaßen die Safe-Kombination der Creditanstalt bekanntzumachen. Aber eines muß uns klar sein: Es gibt keinen perfekten Schutz. Sie können einzelne Leute schützen, Sie können einzelne Gebäude schützen. Hier geh’ ich sehr konform mit dem seinerzeitigen Sicherheitssprecher der großen Oppositionspartei (Franz Bauer, Anm. d. Red.), der ungefähr gesagt hat: ,Der Terrorismus schlägt unverhofft dort zu, wo man ihn am wenigsten erwartet*.“ Hauptsächlich in der Organisa- tiorf und in der Alarmierung sind laut Rösch seit 1975 Verbesserungen erzielt worden. Man habe auch versucht, neuralgische Punkte festzustellen. Ob sich diese Maßnahmen im Ernstfall bewähren, wagt selbst ein Spitzenverantwortlicher wie Rösch zu bezweifeln.

Verteidigungsminister Rösch ließ in dem Gespräch mit der FURCHE auch keinen Zweifel daran, daß er der Rolle der Medien im Zusammenhang mit der Berichterstattung über Kriminalität und Terror mit einiger Skepsis und Kritik gegenüberstehe. Auf die Frage, ob er mit Justizminister Christian Broda, der in Alpbach die Kriminalberichterstattung der Bo.ulevardzeitun- gen unter die Lupe genommen hatte, einer Meinung sei, antwortete Rösch: „In der Tendenz ja, aber da sind ja auch die Medien derselben Meinung. Ich darf nur sagen, daß die Chefredakteure der Zeitungen genau dasselbe in einer großen Enquete gesagt haben.“ Ob sich seit dieser Enquete, die vor einem Jahr abgehalten worden war, in der Haltung der Medien gegenüber Terror- und Kriminalberichterstattung etwas geändert habe? Rösch: „Nichts …“ richtet er seinen unverho- lenen Vorwurf an die Medien.

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