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Der große Schweiger und seine Probleme

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Es hat sich vieles geändert am Wiener Franz-Josefs-Kai. Seit dem Einzug des großen Schweigers Otto Rösch gehen die Uhren im Verteidigungsministerium im wahrsten Sinne des Wortes anders: Der neue Chef kommt wesentlich früher als sein Vorgänger Karl F. Lütgendorf, er bleibt am Abend länger, er ißt zu mittag im allgemeinen Speisesaal - und nicht wie sein Vorgänger zurückgezogen im Ministerbüro - und schließlich widmet er seine ministerielle Arbeitszeit nicht dem Weidwerk, was seinem Vorgänger die meiste Zeit gekostet und den meisten Spaß bereitet haben dürfte.

Auch ist Otto Rösch, der Schweiger, bemüht, peinlichst alle überflüssigen Spuren zu beseitigen, die Minister Lütgendorf im Amtsgebäude hinterlassen hat. Dazu gehört etwa die Eingliederung des Armeekommandos unter General Emil Spannocchi in die ministerielle Hierarchie. Wie es heißt, haben die regelmäßigen Sektionsleiterbespre-chungen, durch die Anwesenheit des intellektuellen und redegewandten Armeekommandanten gewonnen. Während man früher die längste Zeit darüber diskutieren konnte, ob etwa der Minister oder ein General oder sonstwer dem Bundespräsidenten eine neue ADV (allgemeine Dienstvorschrift) überreichen soll, liegt angeblich jetzt das Niveau etwas höher.

Emil Spannocchi, der der ÖVP zugerechnet wird (sein Bruder ist Landtagspräsident Oberösterreichs), besitzt zu Rösch zwar einen vortrefflich funktionierenden Draht, kann aber dennoch nicht, wie es mehrfach geschehen ist, als der große Gewinner der Umgliede-rung bezeichnet werden: Der Großteil der Abteilungen aus der früheren und jetzt aufgelösten Sektion 3 ging an den Generaltruppeninspektor Wingelbauer, nur etwa ein Drittel fiel für Spannocchi ab.

Dabei ist noch nicht berücksichtigt, daß im Zusammenhang mit der Umgliederung einige Probleme erst langsam heiß werden: Die Tatsache nämlich, daß einige Dienststellen, die nun dem Armeekommando angegliedert werden sollen, sich erfolgversprechend gegen das neue System zur Wehr setzen: An Stelle Verteidigung an den Grenzen, Grabenkampf im Ministerium.

Dies trifft zu auf die Organisationsabteilung unter Oberst Hans Heinz Hauffler. Die Abteilung besteht aus sechs Referaten und ist in der Machtkonstellation ein wichtiger Baustein, da hier Entscheidungen über Dienstpostenbewertungen und ähnliches fallen. Hauffler und seine Mannen, die nicht zu Spannocchi ins Hütteldorfer Armeekommando übersiedeln wollen, setzen sich erfolgreich zur Wehr, verlautet intern. Nun werden sie vermutlich zum Beamtenheer des Generaltruppeninspektors „überlaufen“.

Ähnliches spielt sich in der Planung (sogenannte Quartiermeisterabteilung) ab: Diese Abteilung sollte gar in drei Teile zerlegt werden. Ein Teil war für Spannocchi vorgesehen, einer zur Stärkung Wingelbau-ers, ein dritter Teil sollte General Jetzl in der neuen Sektion 3 verbleiben. Die dem Kommando von Oberst Clausen unterstehenden Offiziere und Vertragsbediensteten wollen auch einen Teil der Umgliederung zunichte machen: Eine Übersiedlung zu Spannocchi komme für sie wegen des um eine Stunde längeren Arbeitsweges nicht in Frage, ließ man den Minister wissen.

All das wird nicht dazu beitragen, den rauhen Wind zwischen den beiden starken Männern im Heer, den Generälen Spannocchi und Wingelbauer, zu entschärfen. Wenn das Verhältnis zwischen den genannten Generälen nicht das Klima in der gesamten Heeresorganisation verschlechtern soll, wird sich auch Rösch sehr geschickt verhalten müssen. Er wird zumindest geschickt schweigen müssen.

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