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Neuauflage Rösch-Plan?

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Damit sind Teile der ÖVP auf jenen Plan eingeschwenkt, der seinen Namen nach dem frühere»! sozialistischen Staatssekretär im Verteidigungsministerium, Otto Rösch, trägt. Dieser hatte im Frühjahr 1964 eine Verkürzung der effektiven Wehrdienstzeit von achteinhalb auf sechseinhalb Monate vorgeschlagen, ebenfalls mit mehrmaligen Waffenübungen. Die ÖVP hatte damals den Rösch-Plan vehe ment abgelehnt: Österreich habe ohnehin die kürzeste Wehrdienstzeit Europas, die neunmonatige Dienstzeit stelle ein Kompromiß zwischen ÖVP (zwölf Monate) und SPÖ (sechs Monate) dar, und schließlich komme der Rösch-Plan hach einer Berechnung des ÖVP-Pressedienstes vom Februar 1966 um 135 Millionen Schilling jährlich teurer als die gegenwärtige Lösung, da die 14tägi- gen Waffenübungen pro Kopf, berechnet auf der Basis des Jahres 1966 6863 Schilling kosteten.

Ein tieferer Grund für die Ablehnung des RÖsch-Planes durch die ÖVP ist aber zweifellos bei der SPÖ selbst zu suchen. Ohne daß die Parteiführung dementiert hätte, haben einzelne sozialistische Organisationen den Rösch-Plan lediglich als Etappe zum Thirring-Plan bezeichnet, der die vollkommene Abschaffung des Bundesheeres vorsah. Principus obsta, hieß es daher. Der gleiche Vorschlag ohne solche Hintergedanken, die sicher auch Otto Rösch nicht hatte, könnte heute in einem anderen Licht erscheinen.

Die ÖVP steht nun am Scheideweg ihrer Wehrpolitik: Ausbildungsoder Einsatzheer — das ist die Frage. Verteidigungsminister Dr. Prader scheint bereit zu sein, für letzteres auf die innerparteilichen Barrikaden zu steigen. Ob er dabei Erfolg haben wird, dürfte weitgehend davon abhängen, welche Ersatzlösungen er anzubieten hat. Sicher wird man in der Volkspartei Vorkehrungen verlangen, daß aufgeschlossene und gutwillige Jungmänner das Bundesheer nicht weiterhin verärgert verlassen. Denn man weiß, daß die Sozialisten ein Wehrkonzept noch im Herbst vorlegen werden.

Der zuständige Arbeitskreis der „Aktion 20“ der ÖVP unter General Spannocohi hat die Frage der Wehrdienstzeit in seinem Konzept über eine umfassende Landesverteidigung geschickt ausgeklammert. Zwar wird einmal der Begriff „Einsatzheer“ verwendet, im übrigen aber ist bekannt, daß zwischen Prader und Spanhocchi die Meinungsverschiedenheiten sehr groß sind. Es wird der Regierungspartei also tatsächlich nichts anderes übrig bleiben, als die ganze Problematik ohne die Krücke eines „Expertengutachtens“ im eigenen Schoß einer politischen Lösung zuzuführen.

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