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Ostarrichi.org sammelt österreichisches Deutsch. Dort findet sich auch „a Gschichtl drucken“. Das wirkt wie Dialekt für Narrativ bzw. Storytelling. Sein Einsatz ist ein Prinzip öffentlicher Kommunikation. Es reicht von Marketing über Politik bis Journalismus: Inhalte sind formal minimiert, aber als grundsätzlich große Erzählung besser vermittelbar. Je schwieriger das Thema, desto wichtiger die Story.

Die Königsdisziplin dazu heißt „KISS“ – keep it simple, stupid. Sie taugt für Werbeclips, Wahlparolen, Schlagzeilen: von „Freude am Fahren“ für BMW über Obamas „Hope. Change. Yes, we can!“ bis zu „Wir sind Papst“ aus Bild. Das Boulevardblatt brachte das kollektive Gefühl der Deutschen am 20. April 2005 auf den Punkt. Gedichtet von Politik-Chef Georg Streiter unter Chefredakteur Kai Diekmann.

Heute sind beide im PR-Geschäft. Streiter berät die ÖVP zum U-Ausschuss. Als Abgesandter von Diekmanns Agentur Storymachine. Das sorgte nicht einmal in der rasant zu empörenden politmedialen Blase für große Aufregung.

Seit Diekmann Kanzler Karl Nehammer nach Kiew und Moskau begleitet hat, ist das anders. Nun dominiert Schnappatmung das Austro-Storytelling rund um den Ex-Journalisten und seinen einstigen Arbeitgeber. Denn Bild goutiert den Trip zu Putin nicht.

Diekmanns Firma Storymachine trägt ihren Auftrag im Namen: Sie schafft Narrative. Das ist ein Mittel der politischen Kommunikation. Dass Medien zunehmend ihre „Geschichten“ anpreisen, geschieht hingegen auf dünnem Eis: Laut aktueller Studie der Universität von Cincinnati verlieren Journalisten an Glaubwürdigkeit, wenn Storytelling die Berichterstattung überlagert. „Klingt nach einem gut trainierten Lügner“, sagte einer der Befragten. Ostarrichi.org übersetzt „a Gschichtl drucken“ mit „eine Lüge (eher lustig) auftischen“. Der Vertrauensverlust infolge des Narrativ-Wahns ist aber eher nicht lustig.

Der Autor ist Medienberater und Politikanalyst.

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