Aper Ski

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Schriftsteller Daniel Wisser über den bedrückenden Anblick der Wintersportorte.

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Schriftsteller Daniel Wisser über den bedrückenden Anblick der Wintersportorte.

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Noch nie war der Anblick der Wintersportorte so bedrückend wie in diesem Winter, der schon im Februar mit blühenden Zierkirschen ausgeklungen ist. Die Bilder von Menschen, die in dieser Zeit auf schmalen Kunstschneestreifen inmitten saftig grüner Landschaft bergabrutschen, sind ebenso traurig wie die Vorstellung, dass man das Grasski-Vergnügen für einen Apfelstrudel unterbricht, der in einem Jahr um 75 Prozent teurer geworden ist und abends beim Bierpong das Immunsystem stärkt.

Die menschliche Stärke, Veränderungen zu ignorieren und renitent für den Verbleib von etwas einzutreten, das einen davor gar nicht interessiert hat, zeigte sich nicht nur bei der Einstellung der Wiener Buslinie 75A, sie ist auch besonders ausgeprägt im Alpin-Ski-Tourismus.

Mit seinem Untergang gehe auch, so heißt es dann, ein ganzer Wirtschaftszweig unter. Als ob das ein Argument wäre! Tausende Industrien und Berufe wurden von Computer, Digitalisierung und Vernetzung in den letzten Jahrzehnten weggefegt. Ich kann mich an keine Demo der Schreibmaschinenhersteller anlässlich der bedrohlich steigenden Verwendung von Textverarbeitungsprogrammen erinnern. Auch nicht daran, dass hartnäckige Schreibmaschinenverfechter weiter ihre Manuskripte im Durchschlag an Zeitungen und Verlage geschickt hätten.

„Es ist vorbei“, möchte man dem Alpin-Ski-Menschen zurufen. Und wäre es nicht ohnehin ein Segen, wenn die von Planierraupen, Seilbahnen und Pisten verschandelten Berge sich von ihren Hautkrankheiten erholen könnten? Ich erinnere mich daran, wie wir in den Siebzigern mit dem Auto verreist sind: Die Kinder tollten unangeschnallt auf dem Rücksitz, die Eltern rauchten vorne. Es ist nicht um alles schade, was vergangen ist.

Der Autor ist Schriftsteller.

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