Der Witzeerzähler Brunelik

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Daniel Wisser hielt es nicht für möglich hielt, dass Witzeerzähler Brunelik Präsident werden könnte. Als dieser aber im ersten Wahlgang die relative Mehrheit erhielt, verging dem Kolumnisten das Lachen.

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Daniel Wisser hielt es nicht für möglich hielt, dass Witzeerzähler Brunelik Präsident werden könnte. Als dieser aber im ersten Wahlgang die relative Mehrheit erhielt, verging dem Kolumnisten das Lachen.

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Ich staunte, als ich in drei Zeitungen, die anscheinend unabhängig voneinander am selben Tag einen Artikel über den Witzeerzähler Brunelik brachten, denselben Satz las: „Bei Brunelik geht es nicht um Pointen, sondern um Lebensweisheit in unübertroffener Dichte.“ Ich wollte die Sache vergessen, doch auf der Post, wo ich ein Paket aufzugeben hatte, sah ich im Postshop neben Volksmusik-CDs eine einzige Nicht-Volksmusik-CD: eine CD mit Witzen von Brunelik. Nur zwei Tage später forderte mich die Redaktion auf, einen Artikel über den Witzeerzähler Brunelik zu schreiben. Ich entgegnete, dass mir kein einziger Witz dieses Witzeerzählers bekannt sei, ja, dass ich auch niemanden kenne, dem nur ein Witz von ihm bekannt sei. Brunelik sei aber doch, schrieb der Chefredakteur, nicht nur der bedeutendste Witzeerzähler unserer Zeit, sondern eine Figur öffentlichen Interesses, ein Mensch, der der Welt ihren verloren geglaubten Humor zurückgegeben habe und der von allen politischen Parteien hofiert werde, um für sie als Präsidentschaftskandidat ins Rennen zu gehen. Ich gebe zu, dass ich es damals, als ich den Artikel über den Witzeerzähler Brunelik schrieb, nicht für möglich hielt, dass Brunelik Präsident werden könnte. Als er aber im ersten Wahlgang die relative Mehrheit erhielt, verging mir das Lachen. Und noch heute behaupten viele, dass Brunelik – wären nicht etliche handfeste Skandale, darunter Steuerhinterziehung in Millionenhöhe, um seine Person vor dem zweiten Wahlgang bekannt geworden – Präsident geworden wäre. So aber floh er nach Südamerika, wo er jüngst von einer Bloggerin interviewt wurde. Die Steuerschulden werde er nicht begleichen, so Brunelik, denn allein die Existenz von Steuern sei ein Witz, der so schlecht sei, dass selbst er ihn nicht erzählen wolle.

Der Autor ist Schriftsteller.

Lesen Sie auch "Jeder ist ein Mörder" von Daniel Wisser.

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