Die Angst vor Veränderung

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Die auflagenstärkste Zeitung unseres Landes hat ihr Outfit all die Jahre über nur geringfügig verändert und bisweilen sogar die tägliche Glosse eines verstorbenen Journalisten nahezu unverändert fortgesetzt. Krasse Neuerungen gehören hierzulande nicht zum Erfolgskonzept. Revolutionen waren vor allem siegreich, wenn sie in unseren Köpfen ausgetragen wurden. Politiker, die das Wort nur dann ergreifen, wenn es unbedingt nötig ist, und Geborgenheit und Ruhe ausstrahlen, regieren meist noch als Untote. Veränderungen werden nur dann akzeptiert, wenn es sich dabei um keine einschneidenden Maßnahmen handelt und sie sich mit unserer Tradition vereinbaren lassen.
So ist es kein Wunder, dass sich so manche kaiserliche Struktur bis in unsere Zeit oder zumindest bis knapp davor erhalten hat. Wir brauchen eben ein bisserl, bis wir uns in ihnen eingerichtet haben. Störenfriede wie offen ausgetragener Hass und Neid wurden schon in Ferdinand Raimunds Zaubermärchen von der Zufriedenheit besiegt; allerdings nur, wenn sie von ihren Schwestern, der Bescheidenheit und Ordnung, begleitet wird. Der alte Herr von Schönbrunn hat das fast ein ganzes Jahrhundert vorgelebt. Jene, die sich das Erreichen von Wohlstandsgerümpel und Luxusoasen zum einzigen Lebensziel setzen und Gier und Machträusche offen austragen, zerstören die letzten Reste unserer Sprache und Kultur. Sie sind eingesperrt in ihr leer gefegtes Gehirn und brüllen letztendlich nur noch zu sich selbst.

Spät wird uns bewusst, dass der gemütlichen Tante und dem lieb lächelnden Onkel die Masken abgefallen sind und ihre Blicke stechend und ihre Stimmen schneidend wie Messer sind. Hoffen wir nur, dass Gesagtes und Getanes nicht verniedlicht und verdrängt werden. Sonst verschüttet es uns wie die Lava jener Vulkane, die wir erloschen glaubten.

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