7094223-1994_40_14.jpg
Digital In Arbeit

Die letzte Wahl mit Politikern — eine Vision

Werbung
Werbung
Werbung

Die Parteiversammlung ist tot, es lebe der Teleboxkampf. Natürlich ist die Parteiversammlung noch nicht ganz tot, aber sie hat ungefähr die Bedeutung einer Bibelstunde in einer evangelischen Großstadtgemeinde errungen. Hier werden die wirklichen Mitglieder — so etwas gibt es noch — getröstet und gestärkt. Aber zusätzliche Wählerinnen und Wähler sind, scheint’s, nur in der Femseharena zu kriegen.

Während eine arglose Tageszeitung noch meinte, die Spitzenkandidaten würden ihre „Argumente austauschen“ — selbstverständlich hat jeder seine eigenen behalten - warsich die übrige Presse längst darüber einig, daß es sich hier um einen „Show-Down“ von Box- beziehungsweise Freistilringkämpfern handeln würde. Und da ein Wahlkampf auch mit der Ehre der Politiker zu tun hat, war auch von „TV- Duellen“ die Rede. Sind früher Entscheidungen am „grünen“ Tisch gefallen, so tun sie es jetzt am „runden“, ohne daß sich dadurch am politischen Realitätsbezug wesentliches geändert hätte.

Wenn es auch bei Tischringkämpfen kultivierter zugeht als bei Schlammschlachten, die politische Berichterstattung liegt fest in den Händen der Sportreporter: Schmidtgegen Vranitzky 1:0, Haider gegen Schmidt 3:3, Busek gegen Haider 2:1. Und daß nicht etwa die irrige Meinung aufkommt, es ginge am runden Tisch nur darum, die richtigen Kampfes Worte zu finden, mischen auch die Kollegen von der Kultur mit. Verstärkt durch Samy Molcho, wird auch die Körpersprache der Kontrahenten analysiert - Politiker haben also doch eine Seele, wenn auch nur eine österreichische.

Für so einen Tele-Show-Down

■sind die herkömmlichen Politikerinnen und Politiker überfordert. Die richtigen Leute bieten sich ja längst an: Elmar Oberhäuserzum Beispiel - von den Mühen der Diskussionsleitung befreit, könnte er bestimmt ein telegenes Manifest präsentieren. Und die Jazz-Gitti hat auch so viele Fans wie Jörg Haider, aber sie hat erfreulicherweise nichts gegen die repräsentative Demokratie. Und was für Einschaltziffern gäbe es erst mit Udo Jürgens und Herbert Prohaska am runden Tisch. Wenn schon Show, dann mit Profis.

Man zeihe derlei Überlegungen nicht des Unernstes. Aber es täte vielleicht gut, sich einmal zu überlegen, worum es bei einer politischen Entscheidung in unserem Land eigentlich geht.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung