Ein Bildband ausschließlich über die von Eskimo-Frauen angefertigten Stiefel. Spezialisierter kann eine völkerkundliche Publikation, die sich doch an ein breiteres Publikum wendet, kaum mehr sein. Trotzdem ist diesem Werk einer Ethnologin und eines Zoologen nicht nur Erfolg zu wünschen, sondern es hat auch gute Chancen, seine Marktnische zu finden.
Erfolg zu wünschen ist ihm, weil hier eine hochentwickelte Kunstfertigkeit, die in Gefahr ist, völlig vergessen zu werden, vorbildlich dokumentiert wird. Jill Oakes bereiste die Inuit-Siedlungsgebiete Kanadas, Rußlands und Grönlands und begnügte sich nicht damit, die handgemachten Eskimostiefel zu sammeln, sondern sie lernte deren Anfertigung, arbeitete gemeinsam mit den Frauen und schrieb ein Handbuch der Materialien, Techniken und Stile, mit dem sich dieses anspruchsvolle Kunsthandwerk notfalls wiederbeleben
ließe, sollte es tatsächlich untergehen.
Und da das einfache, naturnahe Leben „in" ist und das Bewußtsein für Wert und Würde der überkommenen Lebensformen der Naturvölker immer stärker wird, darf das Buch auch auf die Verbreitung hoffen, die diese gründliche ethnographische Arbeit verdient.
Ein schönes Buch. Eine Dokumentation nicht nur der Stiefel, sondern der Bekleidung, der Kultur, der Vergangenheit und der überaus gefährdeten Situation der Inuit. Eine Warnung, ihre Lebensbasis noch weiter zu schmälern. Ein Plädoyer für Toleranz und Verständnis ihnen gegenüber. Lob dem Verlag, der den Mut hat, sich so exklusiver, aber auch ästhetisch ergiebiger Themen anzunehmen!
DIE KUNST DER INUIT-FRAUEN Stolze Stiefel, Schätze aus Fell si Von Jill Oakes und Rick Riewe. SM Verlag Frederking & Thaler, München. m 1995 224 Seiten, 104 Farbtafeln, öS 577,-
