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Kein Apfelbäumchen pflanzen, sondern Kommentare schreiben

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Der Text auf dem Buchumschlag „Einer der bekanntesten Journalisten Österreichs zieht persönliche und politische Bilanz aus den Erfahrungen der letzten 25 Jahre” untertreibt. An Thomas Chorherr, dem langjährigen Chefredakteur und Herausgeber der „Presse”, wäre nicht nur die Bekanntheit, sondern auch die Bedeutung hervorzuheben, und er blickt in diesem Buch im Grunde auf 65 Jahre zurück.

Der Titel „Was ich davon halte” weist auf Chorherrs Stärke, den persönlichen, engagierten Kommentar, hin, wer dahinter nur eine Sammlung ausgewählter Leitartikel vermutet, geht freilich fehl. Es ist „ein sonderbares Buch”, meint der Autor. Seine schwere Krankheit war der Anlaß dafür, sein Wunsch, sich mitzuteilen, kam hinzu. Sein Leben machten seine Familie und seine Zeitung aus, und er würde, ginge morgen die Welt unter, Martin Luther variierend „nicht ein Apfelbäumchen pflanzen, sondern einen Kommentar verfassen”.

Das Buch ist ein sehr persönliches Aufarbeiten seiner Krankheit, der Zeit im Spital und in der Rehabilitation, der Dinge, die ihm dabei durch den Kopf gingen. Er faßt sie in Begriffe, über die er dann in den einzelnen Kapiteln räsoniert, beginnend mit „Geburtstag”, mit dem zwischen seinem 60. und 61. erfolgten Einschnitt in seinem Leben, der Gehirnblutung und ihren Folgen.

Mit Himmel und Angst, Leben und Überleben, Geduld und Depression, Lachen und Tränen, Freundschaft und Familie setzt sich Chorherr dabei ebenso auseinander wie mit Parteien und Demokratie, Schamgefühl und Toleranz, Besozialisierung und Freiheit, Essen und Trinken oder seiner Heimatstadt Wien. Die Themen Bücher und Bildung, Kultur und Kirche ziehen sich durch das ganze Buch, dominieren einzelne Kapitel und erweisen den Autor als ungeheuer belesenen und kulturbeflissenen Mann.

Chorherr' hat sich stets, politisch und kirchlich, als Konservativer bekannt. Man muß seine Positionen nicht immer teilen, um festzustellen, daß er wichtige Beiträge zum Zeitgespräch liefert. Und man bewundert, gerade auch an diesem neuen, absolut lesenswerten Buch, wie deutlich er seine Meinungen auf den Punkt zu bringen vermag.

Jüngst hat Thomas Chorherr das 65. Lebensjahr vollendet, Anlaß für ein herzliches „Ad multos annos!”.

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