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Kunst für das Heim

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Rund hundert Graphiken und Aquarelle bieten sich unter diesem Titel zu bürgerlichen Preisen an. Die Büchergilde Gutenberg und der Berufsverband der.bildenden Künstler zeichnen als Veranstalter, als Hausherr die Arbeiterkammer in der Prinz-Eugen-Straße. Die Namen der Schöpfer dieser Kollektion tun diesmal nichts zur Sache. Schon der erste Rundgang durch die Ausstellung enthüllt ihre Tendenz zur künstlerischen Anonymität — und somit ihren Zweck und ihre Problematik: Das der modernen Kunst wenig zugängliche „breite“ Publikum, das seinen Bedarf an Bilder (für die Wohnküche, fürs Schlafzimmer, für die „gute Stube“) vorwiegend in den ominösen Bild- und Rahmenhandlungen zu decken pflegt, findet seinen Geschmack bestätigt, aber auch Anregung zu Besserem.

Auch hier das „Alpenglühen“, auch hier das Stillleben und die Verniedlichung der Natur, auch hier die hübsche Farbe naiver Bildgestaltung — alles täuschend ähnlich und ungefähr zum selben Preis wie in den Kitschläden. Und doch ist das Angebot hier um eine Spur integerer als dort. Die präsumptiven Käufer merken es kaum, eine Jury des Berufsverbandei hat mit äußerster Diskretion vorgesorgt, hat das Niveau vorsichtig gehoben, die ärgste Geschmacksverirrung ist unmerklich ausgemerzt. So kauft er denn, der „kleine Mann“, auch hier das Anspruchslose, das Gefällige, aber immerhin keinen Kitsch. Auch so also, sachte, mit dem Umweg über den Kompromiß, kann man in Richtung Qualität beeinflussen, läßt sich — zumindest solides Kunsthandwerk — hinterrücks und auf Schleichwegen in den Gemeindebau einschmuggeln. So weit so gut Aber echtes Kunstverständnis wird auf diese stille Weise nur gewissermaßen auf weite Sicht ins „Volk“ getragen.

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