‘^Tatürlich war es ein Zufall, daß die dramatische End phase der EU-Beitrittsverhandlungen in Brüssel mit den Olympischen Winterspielen 1994 zusammenfiel. Seltsamerweise gingen viele Menschen in Österreich mit recht unterschiedlicher Grundhaltung an beide Ereignisse heran.
Jeder akzeptiert, daß in Olympia Sekundenbruchteile über Glück und Unheil entscheiden, daß extreme Leistung allen Teilnehmern und Siege über sich selbst den Siegern abverlangt werden. Wer nicht zum letzten Verzicht bereit ist, hat keine Chance auf den ersten Platz. Medaillen sind der Lohn für übermenschliche Arbeit an sich selbst.
In Brüssel vrarde um Transitjahre, Schadstoffprozente und Milchliter gerungen. Das war richtig und notwendig, und die Unterhändler haben sich tüchtig reschlagen. Aber irgendwie stand linter der Einstellung vieler Österreicher, die dieses Ringen verfolgten, die Sorge der Kleingläubigen: Wir werden die Umstellung nicht schaffen, wir könnten auf der Strecke bleiben!
Nach Lillehammer flog unsere Gewißheit mit: Wir sind medailli-enreif! Unsere Mädchen und Burschen haben das Zeug für Edelmetall! Wenn etwas schiefgeht, ist der Wind schuld oder das Wachs und ein Grippevirus - am Können, an der möglichen Leistung aber fehlt es sicher nicht!
Warum flog nach Brüssel unsere Angst? Angst, ob wir auch genügend Ausnahmeregelungen und Ubergangszugeständnisse und Einstiegsprivilegien erhalten würden. Warum vergessen wir, daß unsere Wirtschaft in internationalen Leistungsvergleichen seit Jahren im Spitzenfeld liegt? Warum trauen wir uns die Leistungskonkurrenz der Bauern und der Bahn nicht zu? Warum sind wir nicht zu Höchstleistungen im Europa-Wettbewerb bereit? Warum sehen wir nur Risken und Gefahren, wo so viele Chancen warten?
Was Österreich jetzt braucht, ist Selbstbewußtsein, um die Ärmel aufzukrempeln und bei einem Jahrhndertwerk mitzutun: der Überwindung von Nationalismus und Chauvinismus zugunsten einer dauerhaften Friedensgemeinschaft für ganz Europa.
