Tu erfreut!

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Impressionen von den Ernst Jandl Lyriktagen in Neuberg an der Mürz.

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Impressionen von den Ernst Jandl Lyriktagen in Neuberg an der Mürz.

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Jetzt, sagte der Bürgermeister der obersteirischen Gemeinde Neuberg bei der Preisverleihung, wisse er schon, dass das Verstehen bei den Ernst Jandl Lyriktagen ein Problem sei oder auch, wie er inzwischen gelernt habe – kein Problem. Worauf Juror und Laudator Paul Jandl (weder verwandt noch verschwägert) zwiespältigen Trost und Rat aufbot: Derjenige, der ein Kunstwerk „nicht verstehe“, verstehe allemal mehr als einer, der überzeugt sei, Kunst grundsätzlich nicht verstehen zu können.

Ein Hinweis, der wiederum selbst eine gewisse Verstehenswidersetzlichkeit in sich birgt. In der Tat sind viele der in Neuberg zu hörenden lyrischen Stimmen von Ann Cotten bis Anja Utler eher für die geschulten Ohren der anreisenden Studentinnen und Studenten bestimmt als für jene der Ortsansässigen. Und tatsächlich könnte man sich den biennal vergebenen Ernst-Jandl-Preis auch einmal außerhalb der Avantgarde strengster Observanz und jenseits der Achse Wien–Berlin vorstellen – die zeitgenössische Lyrik ist doch ein weiteres Feld.

Aber erstens treten hier immer wieder Mitwirkende auf, die Substanz und höchsten Anspruch mit bestmöglicher Unterhaltung verbinden (diesmal etwa Franziska Füchsl oder Monika Rinck), und zweitens stellt die heurige Preisträgerin, die erst dritte Autorin unter elf Ausgezeichneten, selbst die ideale Vereinbarung des scheinbar Unvereinbaren dar: In Brigitta Falkners Text- und Bildwelten – zuletzt im Buch „Strategien der Wirtsfindung“ – gehen Kunst und Natur, Witz und Belehrung, Regelwerk und Einfall eine atemberaubende Symbiose ein.

Wenn Brigitta Falkner mit Anagrammen, Lipogrammen und Palindromen spielt, offenbart sie das Gemachte wie das blitzhaft Beglückende der Poesie. „Sei fies! Tu erfreut!“ lautet ihre Doppelpalindromparodie auf die Plakate der Katholischen Glaubensinformation. Ich hoffe, sie selbst war’s wirklich.

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