Zerkratzte Tabakwaren

Die Ratgeberliteratur ist ein Paradebeispiel dafür, was Robert Pfaller als Interpassivität bezeichnet. Je mehr Bücher jemand über Lauftraining kauft, desto weniger wird er laufen, je mehr Bücher über Abnehmen, desto weniger wird er abnehmen usw. Auf dem Sachbuchstapel liegen Ratgeber als Ersatz für das Nicht-Getane oder die Hoffnung, es einmal zu tun. Wer es nicht schafft, hat eben das falsche Buch gekauft.

Spannend sind auch jene Bücher, die zur Urlaubssaison hohen Absatz finden: die Sprachtrainer und Schnelllernkurse, die uns helfen wollen, mit den Menschen an unserem Urlaubsziel in ihrer Muttersprache zu sprechen. Plötzlich ist der Wunsch da, das, was man in den letzten fünfundzwanzig Jahren nicht geschafft hat, in zehn Minuten nachzuholen. Es muss einfach misslingen. Nach Jahren stapeln sich diese Bücher im Regal, und ich muss zugeben, auch mich ziehen sie magisch an.

In der Schusterwerkstatt von H. C. Artmanns Vater gab es ein Lehrbuch des Böhmischen, da seine Lehrlinge und Gesellen aus Böhmen kamen. Die Sprache hat man zwar nie gelernt, aber die Geburtsstunde der Wiener Gruppe waren Montagetexte, bei denen H. C. Artmann dieses Buch als Grundlage verwendet hat. Das war wohl das einzige Mal, dass ein solches Buch sinnvoll eingesetzt wurde.

Selbst wenn man mit diesen Büchern einige Sätze lernt und sie verständlich aussprechen könnte, würde man die Antwort darauf nicht verstehen. Unvergessen ist ein Monty-Python-Sketch, in dem ein Tourist mit seinem Sprachreiseführer in ein Geschäft geht und sagt: „Ich werde diese Schallplatte nicht kaufen, sie ist zerkratzt.“ Der Verkäufer weist ihn darauf hin, dass er keine Schallplatten verkauft, sondern Tabakwaren. Daraufhin korrigiert sich der Tourist: „Ich werde diese Tabakwaren nicht kaufen, sie ist zerkratzt.“