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Fiskalismus kontra Monetarismus

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Kürzlich hielt die Nationalbank in Baden ein Seminar ab. Das Thema lautete: „Fiskalismus kontra Monetarismus”. Die Oesterreichische Nationalbank, liiert mit dem Fiskalismus österreichischer Spielart, siegte überlegen über den nur von Nichtmonetaristen vertretenen Monetarismus. Von allen eingeladenen Diskussionsteilnehmern bekannte sich keiner offen als Monetarist.

Die Einführungsvorlesung hielt der für seine brillanten Formulierungen bekannte „Fiskalist” Prof. Streißler, der sich selbst aber gerne als Paläoli- beralen bezeichnet.

Bevor Prof. Streißler sachlich wurde - wer brillant formuliert, vermeidet dies oft unbewußt lange -, begann er mit einem Märchen, dessen Moral etwa lautete: „Ihr schwarz-rotes Inselvölkchen der Pepitas folgt nicht der Mode des Monetarismus.”

Nach einer pointenreichen wie scharfen Gegenüberstellung des Monetarismus nach Friedman und des Fiskalismus nach Keynes kam Streißler zu dem Schluß, daß das Hauptinstrument monetarischer Politik, ein stetiges Geldmengenwachstum, in Österreich nicht anwendbar sei, da in Österreich die Geldhaltung zu variabel ist. Als Gründe dafür führte Prof. Streißler unter anderem an: Die Suche nach optimalen Investitionszeitpunkten, die in Österreich durch die Investitionsrücklage verstärkt wird, die Angst vor einer Kreditrationierung, mit der vor allem die für Österreich typischen Mittel- und Kleinbetriebe leben, und die sich in unausgenützten Kreditlinien und hohen Sparkonten dieser Betriebe manifestiert, schließlich die Politik der Konstanz der Zinssätze.

Bekanntlich ist einer der wesentlichsten Unterschiede zwischen Keynesianismus (Fiskalismus) und Monetarismus der, daß die Keynesianer nicht die Geldmenge, sondern die Zinssätze als die entscheidende Variable für die Übertragung monetärer Impulse auf die reale Wirtschaft anse- hen. Wie man einerseits bei konstanten, anderseits unbekannten Zinssätzen (in Österreich gibt es noch keine offizielle Erhebung über die Zinsstruktur am Kreditmarkt) eine keyne- sianische Geldpolitik effizient führen und kontrollieren will, bleibt das Geheimnis der Fiskalisten.

In der anschließenden Diskussion warf Prof. Frisch, der sich selbst als monetären Ökonom, nicht aber als Monetaristen bezeichnete, Prof. Streißler vor, sich in seiner Darstellung des Monetarismus viel zu stark an dem jüngeren Friedman der fünfziger Jahre zu orientieren und dabei die neueren Veröffentlichungen zu Beginn der siebziger Jahre zu vernachlässigen. ,

Prof. Streißlers Schlußwort beendete etwas einseitig und unfair die Diskussion. „Jede Geldmengenpolitik”, so formulierte Streißler, „läuft auf eine Diktatur der Notenbank über die demokratisch gewählte Regierung und gegen die Arbeitslosen hinaus.”

Da ein Schlußwort eben ein Schlußwort ist, konnte niemand mehr einwenden, daß z. B. in den USA, ebenfalls einer Demokratie, der Kongreß, und damit die parlamentarische Legislative, der amerikanischen Notenbank, dem Federal Reserve System, Richtlinien für die Geldmengenpolitik vorgegeben hat. In den skandinavischen Ländern wird die Notenbank durch einen vom Parlament gewählten Ausschuß kontrolliert.

In Baden bezeichnete sich jedenfalls jeder Fiskalist als Demokrat. Vielleicht doch vorhandene, mentale, monetarische Reservationen einzelner Diskussionsteilnehmer blieben in der folgenden Diskussion mental.

Doch auch so war die Diskussion nicht unkritisch. So meinte etwa Dozent Dr. Tichy, eine Monetarismusbeschimpfung als Pseudoeinigung sei zuwenig. Für die Zahlungsbilanzsanierung habe die Geldmenge zweifellos Bedeutung. Was in der Diskussion bisher als Monetarismus bezeichnet wurde, sei ja gar nicht monetaristisch. Ein Geldmengenziel sei viel mehr eine Frage der praktischen Politik, und es gehe eigentlich nur darum, mit dem Geldmengenziel die anderen Ziele der Wirtschaftspolitik konsistent zu machen.

Zum Abschluß der Tagung meinte Generaldirektor Dr. Kienzl, ihn erinnere die eben abgeschlossene Tagung an das Nestroy-Stück „Zur ebenen Erde und im ersten Stock”. Während zur ebenen Erde gerade wichtige Entscheidungen fielen, habe man im ersten Stock wissenschaftlich über „Fiskalismus und Monetarismus” diskutiert. Nun, da die getroffenen Budget- und Notenbankmaßnahmen allgemein bekannt seien, würde ein Ne- stroy vielleicht sagen: „Im Keller und ganz parterre ist nicht nur die Zahlungsbilanz!”

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