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„Friedenstauben" fliegen wieder

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Erinnern an Hiroshima, Nachdenken über den Krieg in Bosnien, Gedanken zu Krieg und Medien - die Friedensbewegung meldete sich unlängst mit Aktionstagen zu diesen Themen zu Wort.

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Erinnern an Hiroshima, Nachdenken über den Krieg in Bosnien, Gedanken zu Krieg und Medien - die Friedensbewegung meldete sich unlängst mit Aktionstagen zu diesen Themen zu Wort.

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In letzter Zeit war die Friedensbewegung gewaltig ins Kreuzfeuer der Medienkritik geraten. Vom Jämmerlichen Schweigen" war die Rede, als „letzte Bastion des Belgrader Panzerkommunismus" wurde sie diskreditiert. Ihre Forderungen nützten einzig den Aggressoren, wurde behauptet.

Andreas Pecha von der Wiener Friedensbewegung vermutet hinter dieses starken Worten einfach „Ratlosigkeit". Von der Friedensbewegung erwarte man da eine Problemlösungskompetenz, die sie aber nicht habe und auch nicht leisten könne. Die „ureigenste Aufgabe" der Friedensbewegung sei es, auf Konflikte aufmerksam zu machen, bevor sie eskalieren. Das sei auch im Fall Jugoslawien geschehen.

„Schon seit Jahren versuchte die Friedensbewegung, gemeinsam mit direkt Betroffenen Lösungsmodelle zu erarbeiten". Es sei der Friedensbewegung aber nicht gelungen, der

Öffentlichkeit, den Medien und nicht zuletzt Politikern einen differenzierteren Zugang zum Problemkreis Jugoslawien zu vermitteln. Symposien, Mahnwachen, Demonstrationen und Presseaussendungen wurden ignoriert. Der Vorwurf der Untätigkeit der Friedensbewegung sei deshalb ungerechtfertigt.

Das kritische Verhältnis der Friedensaktivisten zu den Medien dokumentierte auch eine Video-Installation im Rahmen des Hiroshima-Gedenktages. Im Mittelpunkt stand die „Laterne von Hiroshima", Symbol für die durch den atomaren Feuersturm zu Tode Gekommenen, plaziert auf schwarzer Folie, die bei einer bestimmten Beleuchtung am Videoschirm wie Wasser aussah. Diese Installation sei ein Appell an Medienmacher und -konsumenten, sich kritisch mit dem auseinanderzusetzen, was Medien als Realität, als die Wahrheit vermitteln, so Pecha.

Im Fall Jugoslawien hält der Wiener Friedensaktivist diese kritische Auseinandersetzung für dringend notwendig. Einfache Schwarz-Weiß-Malerei, hier „böse" Serben, da „gute" Kroaten und Moslems, werde der Komplexität des Problems nicht gerecht.

Pecha, selbst von der Krise in Bosnien betroffen, hält deshalb auch nichts

von Schuldzuweisungen, einfachen Erklärungen und Lösungen - wie einer Militäraktion in Bosnien. Zwar sitzen auch seiner Meinung nach die Schuldigen dafür, daß der Konflikt zum Krieg eskalierte, in Belgrad, die militärische Logik möchte er aber endlich durchbrochen sehen.

Welches Ziel soll denn eine Militäraktion in Bosnien haben? Wie will man sie begrenzen? Wie soll das Zusammenleben der betroffenen Zivilbevölkerung nach einem Militärschlag aussehen? Mit diesen Fragen findet sich Pecha, auch wenn eres vielleicht nicht gerne hört(?), in der Gesellschaft mit dem bisherigen Leiter der UN-Truppen in Sarajewo, Lewis MacKenzie, und Hans-Dietrich Genscher, dem ehemaligen deutschen Außenminister. „Es kann und muß weiter der Dialog gesucht werden", so Pecha. „Mit militärischen Aktionen wird nur die Spirale des Unrechts im ehemaligen Jugoslawien weiter gedreht". Patentrezepte könne er aber auch nicht anbieten.

Mit einer Militäraktion in Bosnien sympathisierten nur die wenigsten Passanten, die zu den Informationstischen der Aktivisten kamen. Von „zu unsicher", „Militär bringt nichts" bis „um uns hat sich auch niemand gekümmert" reichten da die Begründungen.

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