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Digital In Arbeit

Miteinander an der Basis

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Was bewegt die österreichische Friedensbewegung heute noch? Ideologische Abgrenzungs- und Ausgrenzungsversuche behindern die aktive Arbeit gegen Wett- und für Abrüstung. Erst hat sich an der Frage einer Aktionsgemeinschaft mit Kommunisten ein „Krieg, um den Frieden" entspannt. Mittlerweile ist die Bewegung aufgesplittert. Wie kann es weitergehen, was sind mögliche Perspektiven?

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Was bewegt die österreichische Friedensbewegung heute noch? Ideologische Abgrenzungs- und Ausgrenzungsversuche behindern die aktive Arbeit gegen Wett- und für Abrüstung. Erst hat sich an der Frage einer Aktionsgemeinschaft mit Kommunisten ein „Krieg, um den Frieden" entspannt. Mittlerweile ist die Bewegung aufgesplittert. Wie kann es weitergehen, was sind mögliche Perspektiven?

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Die Oberösterreichische Friedensbewegung verwendet in ihrem Informationsblatt gerne das Bild eines zerfurchten, ausgetrockneten, toten Baumstammes, aus dem unerwartet ein grüner Zweig herauswächst.

Das ist für mich ein gutes Bild der Friedensbewegung: ein Hoffnungszweig in einer todbringenden Welt, eine geistige und politische Kraft, die winzig ist gegenüber dem Aufgebot von Geld und Macht, das hinter dem Rüstungswahn steht. Und dennoch hat sie alle aufschauen und aufhorchen lassen.

Wenn ich die bisherige Entwicklung rückblickend betrachte, ist es beachtlich, so viele Leute aus den verschiedensten politischen und religiösen Lagern im Anliegen des Friedens zusammenarbeiten zu sehen, die sich auch gemeinsam in aller Öffentlichkeit gezeigt haben.

Was andere nicht oder nur mit einem großen Organisationsapparat zusammenbringen, ist der Friedensbewegung mit einem Minimum an Geld und Organisation gelungen: Großveranstaltungen mit bis zu 80.000 Teilnehmern. Das werte ich als ein Zeichen, daß das Bewußtsein um die atomare Bedrohung und die Sehnsucht nach Frieden und Abrüstung doch bei vielen Leuten da ist.

Besonders die Sensibilisierung und Politisierung der jungen Generation ist ein gutes Stück gelungen. Viel Aufklärung und Sachinformation konnte in breite Bevölkerungsschichten getragen werden.

Aber die Friedensbewegung hat auch einen starken Gegenwind ausgelöst.

Der im Westen tief verwurzelte Antikommunismus ist nicht nur eine starke Wurzel des Wettrüstens. Er hat auch der Friedensbewegung geschadet. Weil es die Friedensbewegung gewagt hat, auch mit den österreichischen Kommunisten für den Frieden zu kämpfen, wurde sie verdächtigt und schlecht gemacht.

Es müßte jedem klar sein, daß wir keinen konstruktiven Ost-West-Dialog für Frieden und Abrüstung erwarten können, wenn wir schon vor den wenigen Kommunisten in Österreich solche Angst haben.

Sehr gehemmt haben die Friedensbewegung die vielen Machtkämpfe, die egoistischen, engstirnigen Interessen verschiedener Politprofis, Parteien und Institutionen. Hier haben auch manche kirchlichen Kreise eher zur Spaltung als zur Einheit beigetragen.

Die Medien haben diese Probleme verstärkt. Sie berichteten lieber über interne Konflikte als über das Anliegen des Friedens. Die Großkundgebungen wurden in den Medien eher heruntergespielt und viele Aktivitäten der Friedensbewegung überhaupt totgeschwiegen.

Wenn ich über die Perspektiven spreche, möchte ich dies aus persönlicher und der Sicht der Oö Friedensbewegung tun.

Die Kirche verpflichtet uns als Christen gemeinsam mit allen Glaubenden und Nicht-Glauben-den am Aufbau dieser Welt, in der wir gemeinsam leben, zusammenzuarbeiten. (Pastoralkonstitution Kirche in der Welt von heute.)

Deshalb ist uns in Oberösterreich wichtig:

• Daß auch künftig die Sprechergruppe (Vertreter aus allen politischen und kirchlichen Lagern) miteinander arbeitet.

• Aufbau von unabhängigen Friedensgruppen, die künftig die Entscheidungen in der Friedensbewegung mitbestimmen.

• Bewußtseinsbildung an der Basis (Abbau von Feindbildern, Umgang mit Aggression und Gewalt, Feindesliebe, Begegnungen und Zusammentreffen von verschiedenen Gruppen).

Für mich bedeutet Friedensarbeit Geist und Aktion — Einlassen, konkrete persönliche Arbeit innerhalb der Friedensbewegung, Engagement.

Die Friedensbewegung lebt in vielen einzelnen Gruppen, die ein neues Bewußtsein bekommen haben. Und wenn ein entsprechender Anlaß ist, werden sicher wieder einige Zehntausend öffentlich demonstrieren.

Die Autorin arbeitet in der Betriebspasto-ral der Diözese Linz und ist seit 1982 in der Sprechergruppe der OO Friedensbewegung tätig.

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