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Gauermann daheim

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Was Rupert Feuchtmüller seit Jahren geplant hat, ist nun endlich Wirklichkeit geworden: das Gauer-mann-Museum in Scheuchenstein, Niederösterreidh. Wo liegt Scheuchenstein? Im Miesenbachtal. Wo liegt das Miesenbachtal? Man nehme sich die Mühe, greife zur Karte, entschließe sich zur Fahrt, Die von industriellen Verschmutzungen unberührte Landschaft ist sich selber und den innersten Wünschen bieder-meierliöher Maller bis heute treu geblieben. Das nunmehr freigeworden Schuhneisterhaus von Scheuchen-Stein bot sich zur Unterbringung der Gauermiann-Ausstelilung an, die allerdings ohne die Hilfe des Bürgermeisters, ohne den Enthusiasmus eines Gewerbetreibenden, der für den Fremdenverkehr zuständig ist, Ohne die großartigen Leihgaben des Niederösterreichischen Landesmuseums und ahne die Hilfe der Gauermann^aohkommen, die originale Möbelstücke zur Verfügung stellten, nicht zustande gekommen wäre. Was zustande kam, könnte mancher größeren Ausstellung und auch mancher staatlichen Sammlung zum Vorbild dienen Kein Bild, das nicht richtig gehängt, kein Möbelstück, das nicht richtig gestellt wäre; keine Lichtquelle, die nicht richtig zielte.

Schon fünf Tage nach seiner Eröffnung zählte das Gauermann-Mu-seum seinen tausendsten Besucher. Gewiß, die Popularität des Bieder-medermeisters dürfte weitgehend auf einem Mißverständnis beruhen, und was das Publikum bei ihm schätzt, dürften nicht seine Qualitäten, sondern seine Nachteile sein. Man bewundert die sinnigen Kühe, die nek-kischen Zicklein, die erschrockenen Hirsche oder gar jene monddurch-schienene Ruine, die im zerplantschten Morast versinkt. Selten hat, wie Friedrich Gauermann, ein Maler eine solche Fülle von kitschigen Details zu so vollendeten Meisterwerken komponiert, aber selten ist es auch einem gelungen, eine solche Fülle von herrlichstem Grün und Braun über einander zu schichten, eine solche Tiefe in lichtdurchflirr-ten Hintergründen zu erreichen, und angesichts dieses Festes der Bewegungen und Farben vergibt man gerne alles, was sich so nebenbei auf diesen Bildern abspielt.

Gauermann in seiner Heimat, im Miesenbachtal, nicht aufgesucht und nicht wiederentdeckt zu haben, wäre für motorisierte Wiener nahezu unverzeihlich.

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