Kommen Sie fünfmal pünktlich zur Abfahrt eines Zuges, - immer wird der Zug verspätet abfahren. Kommen Sie aber einmal verspätet auf den Bahnhof, der Zug ist mit Garantie pünktlich abgefahren, und Sie haben das Nachsehen. Ist das gerecht, frag ich? Warum ist immer der Passagier der geschnapste und nie die Bahn?
Gegen diese offensichtliche Un-gerechtigkeit muß doch ein Kraut gewachsen sein, oder?
Zum Beispiel könnte der Schaffner bei verspäteter Abfahrt eine Fahrpreisermäßigung rückerstatten. Etwa für jede Minute Verspätung einen Schilling. Oder wenn der Zug pünktlich abfährt und ein Passagier mit einer Verspätung rechnet und verspätet auf den Bahnsteig kommt, könnte der nicht mit Gratiswürsteln und einem Gratisbier auf den nächsten Anschluß vertröstet werden?
Damit bekäme die Eisenbahn gleich ein viel freundlicheres Ge-sicht. Auch wenn dann sicher einige Profischmarotzer ihr Versorgungsproblem mit einer Monatskarte lösen und statt Wursteln zur Abwechslung auch einmal Gulasch verlangen würden.
Oder: Wie viel unbeschwerter ginge man doch in Richtung Bahnhof, wenn die Bahn sogenannte Verspäternachholdienste einrich-ten würde, die einem pünktlich abgefahrenen Zug noch schnell nachflitzen und so die Zugversäumer andockt. Bei Zugsverspätungen wiederum könnte die hauseige ne Eisenbahnermusik für Kurzweile sorgen, was die Passagiere sicher zu danken wissen.
Es ist einsichtig, daß alle diese Maßnahmen Verspätungen zwar nicht verhindern, dafür aber ab-wechslungsreicher und lustiger gestalten könnten.
Wenn dann die Bahn noch als Tupfen analog zur Kilometerbank auch die Verspäterbank einrichtet, dann könnt es ja durchaus passieren, daß die Autofahrer aussterben und die Zugfahrer überhand nehmen.
Wer dann auch noch den nächsten Anschluß versäumt, dem stellt die Bahn ein Biwak zur Verfügung, hab ich gehört, und der Vorstand singt ihn zweistimmig in den Schlaf.
