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„Die Welt aber, wenn man sich dermaßen von ihr abwendet, schafft ihrerseits den ab, der sie nicht wahrhaben will“, heißt es eingangs. Die Verfasserin hat sich auf eigentümlich intensive Weise „ihrer“ Welt zugewandt, ohne allerdings mit dieser Prosa wirklich einen Weltzusammenhang stiften zu können. Was etwa Gottfried Benn in den späten Gedichten aus den Fragmenten einer Welt-Anschauung mittels Montagetechniken so gelungen zusammenfügte, bleibt Brigitte Kronauer hier versagt.

Trotz eindrucksvoller Sprachgewalt und glaubhafter innerer Monologe wurde daraus nur eine ziemlich fahrige Prosa. Aus der Perspektive zweier unterschiedlicher Frauenexistenzen werden verschiedene Wahrnehmungshorizonte angepeilt, der Lebensalltag eher langweilig durchschritten, aber die Welt will auf solche Weise nicht „zurhanden“ werden.

Es scheint einfach so, als ob die Autorin für ihre submarin anmutende Reise überden Erdkreis anstelle eines Periskops ein Kaleidoskop benützt hätte. Dabei präsentiert Kronauer einen ungeheuren Materialreichtum, den sie offensichtlich genußvoll und höchst beredsam um sich ausgebreitet hat. Der Zerfall des Ganzen scheint nur nicht beabsichtigt gewesen zu sein. Wenn dieser Roman im Verlagstext als „weltumspannend“ angekündigt wird, dann kann es sich dabei nur um ein fatales Mißverständnis handeln.

DIE FRAU IN DEN KISSEN. Von Brigitte Kronauer. Verlag Klett-Cotta, Stuttgart 1990. 431 Seiten, öS 343,-.

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