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Die Katastrophe vonZabrze

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Wie soll man mit randalierenden Hooligans umgehen, die auf Fußballplätzen antisemitische Spruchbänder entrollen und lautstark Naziparolen brüllen? Soll man die Provokation einfach ignorieren oder durch Eingreifen die nächste Provokation provozieren? Dann wäre es ein Sieg für die Hooligans. Aber auch durch Totschweigen ist bis heute noch kein gesellschaftliches Problem gelöst worden.

Vergangenen Mittwoch waren einige hundert deutsche Hooligans zum Freundschaftsspiel des Europameisters gegen Polen ins Gornik Stadion nach Zabrze gekommen, nur 30 Kilometer von Auschwitz entfernt. In Zügen aus Berlin überquerten sie die Grenze mit dem Lied, heute gehöre ihnen Deutschland und morgen die ganze Welt. Die Szene war an Peinlichkeit kaum zu überbieten.

Die „Katastrophe" von Zabrze, wie entsetzte deutsche Stimmen das Spektakel bezeichneten, begann bereits vor dem Spiel. Unter den Klängen der Nationalhymne mit Hitler-Gruß beschimpften die deutschen Hooligans polnische Zuschauer als „Schindler-Juden", beschossen Kinder mit Feuerwerkskörpern und verbrannten polnische Fahnen.

Der Schock nach dem Spiel saß tief. Uberraschend milde waren die Reaktionen in den polnischen Zeitungen. Nur fünf Hooligans wurden vor Gericht zu geringen Strafen verurteilt. Nach ähnlichen Ausschreitungen in Rotterdam kann die Hooligan-Szene auch Zabrze als Medien-Erfolg verbuchen. Während Politiker beider Seiten sich wieder in Reden um Versöhnung bemühen und Rituale der Betroffenheit in Gang setzen, reizt immer mehr Jugendliche diese Form gesellschaftlicher Provokation. Daß die polnischen Rechtsextremisten den deutschen in nichts nachstehen, bewiesen sie mit ihren Rufen: „Juden raus".

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