Selbstwirksam durch den Glauben

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Wollten nicht auch Moses, Jesus und Mohammed Selbstannahme als Basis für ein gelungenes Leben vermitteln?

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Wollten nicht auch Moses, Jesus und Mohammed Selbstannahme als Basis für ein gelungenes Leben vermitteln?

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Eine Bekannte erzählte mir vor wenigen Tagen, wie stolz sie darauf sei, bei einem Auftritt von Tony Robbins dabei gewesen zu sein. Ich fragte spontan: „Wer ist Tony Robbins?“ Meine Bekannte dachte, dass ich sie mit meiner Frage auf den Arm nehmen will. Sie antwortete: „der Tony Robbins“. Okay, mir wurde bewusst, dass ich offensichtlich irgendetwas verpasst hatte. Gegoogelt fand ich heraus, dass der Mann megabekannt ist. Er ist so etwas wie ein Coach für ein gelungenes Leben. Meine Bekannte erzählte mir begeistert, wie viele muslimische Frauen sie bei seinem Auftritt getroffen habe. Bilder im Internet zeigen, wie er weltweit große Hallen füllt.

Ich mache keine Werbung für seine Shows. Mir geht es um dieses Phänomen: ein Coach für ein gelungenes und glückliches Leben. Solche Coaches sind auch in den sozialen Medien sehr begehrt. Auf Instagram und TikTok scheint es Hunderte solcher Coaches zu geben, meist junge Menschen mit unglaublich vielen Followern. Die Menschen scheinen sich nach Unterstützung, ja nach Orientierung und Begleitung auf ihrem Lebensweg zu sehnen. Als Theologe frage ich mich hier nach der Rolle der Religion. Warum sind nicht Imame, Pfarrer, Prediger so begehrt? Was machen die Coaches richtig, was religiöse Prediger verpassen?

Und was kann Religion konkret für ein gelungenes Leben leisten? Meine These hierzu lautet: Das Überleben unserer Religionen hängt davon ab, ob es ihnen gelingen wird, den Menschen auch solche lebensnahen und lebensbegleitenden Angebote zu machen, ohne den moralischen Zeigefinger: Dies musst du so tun, und jenes darfst du ja nicht tun. Die Menschen suchen heute offensichtlich nach Wegen zu sich selbst und nach Räumen, um bei sich sein zu können. Die Coaches sprechen von Selbstwirksamkeit, Selbstannahme, Selbstliebe als Basis für ein gelungenes Leben. Ist dies jedoch nicht genau das, was auch Moses, Jesus und Mohammed vermitteln wollten?

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