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Iannis Xenakis

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Iannis Xenakis, von griechischen Eltern abstammend, wurde (1922) in Braila an der Donau gebaren. Wie sein Landsmann Panait Istrati, der von Romain Rolland entdeckte und geförderte große rumänische Erzähler, wurde ihm Frankreich zur Wahlheimat, das Französische zur zweiten Muttersprache.

Der junge Xenakis interessiert sich zunächst für die „traditionelle“ Musik seiner Umgebung: die griechische und rumänische Folklore, die byzantinische Kirchenmusik, schreibt „modal“ und macht Experimente mit Klangfarben. Gleichzeitig besucht er die Polytechnische Schule in Athen und beendet seine Studien mit dem Ingenieursdiplom. Im gleichen Jahr (1947) geht er nach Paris und wird dort Assistent und Mitarbeiter Le Corbusiers. Teils mit ihm, teils selbständig, macht er die Pläne für das berühmte moderne Kloster „La Tourette“, für Wohnanlagen bei Marseille und Nantes, den Plan für das Sportstadion von Bagdad u. a. Seine musikalische Ausbildung setzt er in Paris bei Honegger, Milhaud und Messiaen fort. Später arbeitet er bei Hermann Scherchen in Grave- sano.

In den Jahren 1955 bis 1960 veröffentlicht Xenakis mehrere theoretische Schriften: über die Krise der Seriellen Musik, über Berechnung und Wahrscheinlichkeitsprinzip in der Musik, er prägt die Begriffe der „Musique Stochastique“, „Musique Stratégique“ und „Musique Symbo- lique“, die den Gesetzen der mathematischen Logik folgt.

Frühzeitig beginnt er, Musik graphisch zu notieren. Einige dieser graphischen Bilder werden auch in Architektur umgesetzt. So entstand der Philips-Pavillon für die Weltausstellung in Brüssel (1958), in dem seine „Metastasis“ erklingt. 1960 trennt er sich von Le Corbusier, seit 1965 ist er französischer Staatsbürger.

Xenakis schreibt für „normales“ Orchester und die verschiedenartigsten Beisetzungen, aber auch für elektroakustische Apparate. Diese Musik führt er auf Tonbändern vor. Vor drei Jahren entwickelte er in der Studie „Vers und Metamusique“ eine neue Theorie und realisierte sein akustisch-sonores Gesamtkunstwerk ,,Polytope“ im Französischen Pavillon der Weltausstellung von Montreal. In der österreichischen Gesellschaft für Musik stellte Xenakis einige seiner Werke vor und erläuterte seine graphischen Notationen: „Metastasis“, „Orient — Occident“ und „Terretektorh.“ Einige andere Werktitel:’„Syrmos“, „Hiketides“, „Nuits“, „Medea“, „Anaktoria“, „Nomos Gamma.“

Von den aus graphischen Notationen entstandenen Architekturen schweift seine Phantasie hinauf und hinüber zur Utopie: zu riesigen Weltraumkörpern, von Menschenhand konstruiert, in denen ganze Städte samt ihren Einwohnern, Museen, Gärten und Denkmälern Platz haben. Und in der Tat spürt man in der Musik von Xenakis „Luft von anderen Planeten“. Das Denken und Schaffen von Xenakis ist ein faszinierendes Beispiel dafür, wie die geometrischmathematische Berechnung, die bis ins letzte prädeterminierte „Kunst“ (zu deren Realisierung sich Xenakis auch des Computers bedient), in phantastische technische Utopie umzuschlagen vermag.

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