7049955-1990_48_18.jpg
Digital In Arbeit

Irrlichter

Werbung
Werbung
Werbung

In der letzten Zeit erscheinen in Slowenien einige literarische Wer­ke, die sich auf neue Art mit der „Halbvergangenheit" des Landes beschäftigen. So auch der Roman „Nordl icht", den der bekannte slo­wenische Schriftsteller und Präsi­dent des slowenischen P.E.N.-Zen-trumsDrago Jancar im Original 1984 veröffentlichte und der nun von Peter Wieser übersetzt wurde.

Jancar schildert effektvoll seine Gebuitsstadt Maribor (Marburg) an der Drau im Jahre 1938, am Vor­abend des Zweiten Weltkrieges. Das Nordlicht (slowenisch Severni sij), das am damaligen 25. Jänner ganz Mitteleuropa erregte, versinnbild­licht zugleich die nahende Weltka­tastrophe. Am Schicksal seines Pro­tagonisten Josef Erdmann, der auf einer Dienstreise nach Maribor kommt und sich hier selbstzerstö­rerisch in die Frau eines anderen verliebt, die später auf mysteriöse Weise ermordert wird, zeichnet Jan­car das Panorama der Marburger Gesellschaft mit den nationalen Spannungen zwischen den dort an­sässigen Deutschen und Slowenen.

Jancar macht mit diesem Werk, das mit seiner unheimlichen Atmo­sphäre aus Irrlicht, Dunkelheit, My­stik, Revolution und Nationalismus an die Werke der Russen Pilnjak oder Belyi erinnert, die Vernich­tung des natürlichen Laufes der Dinge, die Ohnmacht des Einzel­menschen angesichts bedrohlicher geschichtlicher Ereignisse, sichtbar und lebendig.

NORDLICHT. Von Drago Jancar. Aus dem Slowenischen von Peter Wieser. Wieser Verlag, Klagenfurt/Salzburg 1990.240 Seiten, öS 250,-.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung