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Jahrmarktf est im Kaffeehaus

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Im Gebäude des nunmehr 200 Jahre alt gewordenen Grazer Schauspielhauses gibt es den sogenannten Rcdoutensaal, der nur noch selten für Bälle, aber ständig als Wandelgang während der Theaterpausen Verwendung findet. In diesem langgezogenen, etwas kahlen Raum installierte Schauspieldirektor Dr. Hauer nun ein „Cafehaustheater“ und somit neben dem eigentlichen Schauspielhaus und der einen Stock höher eingerichteten „Probebühne“ den dritten Spielort im gleichen Haus. In entspannter Atmosphäre soll der Besucher hier neben Getränken auch Kunst konsumieren und — wenn er will — hinterher mit dem Regisseur und den Darstellern über die Aufführung diskutieren.

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Im Gebäude des nunmehr 200 Jahre alt gewordenen Grazer Schauspielhauses gibt es den sogenannten Rcdoutensaal, der nur noch selten für Bälle, aber ständig als Wandelgang während der Theaterpausen Verwendung findet. In diesem langgezogenen, etwas kahlen Raum installierte Schauspieldirektor Dr. Hauer nun ein „Cafehaustheater“ und somit neben dem eigentlichen Schauspielhaus und der einen Stock höher eingerichteten „Probebühne“ den dritten Spielort im gleichen Haus. In entspannter Atmosphäre soll der Besucher hier neben Getränken auch Kunst konsumieren und — wenn er will — hinterher mit dem Regisseur und den Darstellern über die Aufführung diskutieren.

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Die Eröffnung mit dem „Jahrmarktsfest zu Plundersweilen“ gab den Initiatoren recht und wurde zum großen Erfolg. Der kleine dramatische Spaß des jungen Goethe, dessen Anspielungen auf zeitgenössische Verhältnisse heute seiner Genießbarkeit sehr im Wege stehen, hatte Peter Hacks, den in „Veränderungen“ nicht Unerprobten, zur Bearbeitung gereizt. Ursprünglich wollte der ostdeutsche Autor dem bunten und kuriosen Szenenreigen Goethes nur den fehlenden dritten Akt hinzufügen. Dann aber empfand er — verständlicherweise — das Bedürfnis nach „mehr Spaß, also mehr Ernst“, und so wurde aus dem ursprünglichen Bierulk ein komödiantisches Jahrmarktstreiben der kleinen und großen menschlichen Dummheiten, Eitelkeiten und Schwächen. Die hinreißende Grazer Aufführung, unter der Regie von Kurt J. Schildknecht, spült alle theoretischen Absichten Hacks' mit einem lustvollen Sturzbach mimischer und szenischer Einfälle hinweg.

Drei Schauspieler (Petra Fahrenländer, Peter Uray und der hochbegabte Daniel Reinhard) bieten in nicht weniger als 18 Rollen perfekte Schauspiel- und Zirkuskunst. Ist schon allein die artistische Leistung dieser drei Verwandlungskünstler zu bewundern, so steht ihr doch die stilechte Art, wie sie die vielen Gestalten im Brechtschen Sinne „herstellen“, in nichts nach.

Fritz Zechas Inszenierung des „Zerrissenen“ auf der großen Bühne des Hauses merkte man hingegen ein wenig die Anstrengung an, mit der hier ein möglichst böser, möglichst zynischer, fast schon zähnefletschender Nestroy gezeigt werden sollte. Am besten gelangen noch die Versuche, Gestik und Aktionen zu rhythmisieren, insgesamt aber verursachte die absichtsvolle Distanzierung mehr Kahlheit als Klarheit der Vorgänge. Dazu trug auch das an sich großartige, aber eisig kühle Bühnenbild Christian Schieckels bei. In den Hauptrollen: Otto David, Erhard Koren, Brigitte Slezak und Fritz Holzer.

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