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Kein frohes Fest für Flüchtlinge

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Österreichs Ausländerpolitik ist um eine Facette reicher: Anerkannten Flüchtlingen wird ihr Status wieder aberkannt.

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Österreichs Ausländerpolitik ist um eine Facette reicher: Anerkannten Flüchtlingen wird ihr Status wieder aberkannt.

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Die Nachricht traf Petr K. (Name von der Redaktion geändert) wie ein Keulen -schlag. In dürren Sätzen teilte das Bundesasylamt dem gebürtigen Rumänen im November mit: „Die Behörden beabsichtigen ein Verfahren zur Aberkennnung Ihrer Flüchtlingseigenschaft einzuleiten, da nach Art. I/C/5 der Konvention über die Rechtsstellung der Flüchtlinge die Umstände, auf Grund deren Sie als Flüchtling anerkannt worden sind, nicht mehr bestehen, und Sie es daher nicht weiter ablehnen können, sich unter den Schutz Ihres Heimatlandes zu stellen.”

Petr versteht die Welt nicht mehr: „Ich weiß nicht, warum das plötzlich kommt, es gab nie Probleme. Hier arbeite ich, hier habe ich meine Familie. Österreich ist meine Heimat geworden.”

1988 war Petr vor der Diktatur Ceausescus geflüchtet. Während westliche Staatsmänner dem „Con-ducator” noch die Hand schüttelten, machte ihm dessen Polizei das Leben zur Hölle. Sein „Verbrechen”: In seiner Familie gab es einen Flüchtling. Auf abenteuerlichen Wegen schaffte er es schließlich gemeinsam mit einem Freund bis nach Osterreich. Alles was er hatte, mußte Petr zurücklassen, auch seine Frau.

„Ich war einfach sehr glücklich”, beschreibt Petr das Gefühl, als er nach etwas mehr als sechs Monaten als Flüchtling nach der Genfer Konvention anerkannt wurde. Petr begann - wie sein Freund *- sich eine Existenz aufzubauen. Dann kam noch seine Frau als Konventionsflüchtling nach, „mit unserer Tochter”. Über Jahre war jetzt das Glück perfekt - bis November.

Mit dem nun drohenden Verlust seines Status als Konventionsflücht-ling würde Petr um alle Rechte und in die Mühlen der österreichischen Ausländerpolitik kommen, will er nicht in seine ihm mittlerweile fremd gewordene Heimat zurückkehren und zum dritten Mal von vorne beginnen.

Wie genau im Falle einer Aberkennung des Flüchtlingsstatus mit Ausländern zu verfahren ist, ist jedoch vollkommen offen. Selbst Innenminister Franz Löschnak bestätigt in seinem neuen Buch (siehe unten), daß das Aufenthaltsgesetz auf Flüchtlinge und Asylwerber „gar nicht anwendbar” ist.

„Es gibt ein Durchforsten der Liste aller anerkannten Konventions-flüchtlinge”, berichtet Günther Fleischmann, Flüchtlingsbeauftragter der Caritas: „Es wird einfach nach dem Alphabet vorgegangen.” Speziell Rumänen seien davon betroffen. Diese Vorgehensweise sei ganz offiziell, führt Fleischmann weiter aus: „Es ist zu hoffen, daß die Behörden es wenigstens berücksichtigen, wenn ein ehemaliger Flüchtling voll integriert ist.” Das Beispiel von Petr K. läßt allerdings das Gegenteil befürchten.

„Ein gutes Land...”

Daß Petr jetzt in dieser prekären Situation ist, hat er auch der österreichischen Bürokratie zu verdanken. Sein Fluchtgefährte hat diese Sorgen nicht mehr. Er ist inzwischen österreichischer Staatsbürger. Auch Petr hat vor mehr als einem Jahr einen Antrag auf Erteilung der Staatsbürgerschaft gestellt, „schon eine Woche vor meinem Freund”. Der Antrag blieb aber irgendwie im bürokratischen Netz hängen. Nach mehr als einem Jahr verlangten die Behörden vom Flüchtling einen Strafregisterauszug aus seiner ExHeimat, für Flüchtlinge eine schwierige Angelegenheit. Nach weiteren drei Monaten verlangte man eine Bescheinigung über österreichische Versicherungszeiten, die hatte er aber bereits zuvor dem Antrag beigelegt - also erneut Laufereien.

Die Probleme haben Petr inzwischen mutlos gemacht, sein Gesicht ist vom Kummer gezeichnet. Ein Lächeln blitzt nur auf, wenn er von seinen Kindern erzählt. Trotzdem sagt er über Osterreich: „Es ist ein gutes Land.” Und wenn er zurück müßte? „Dann bin ich verloren.”

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