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Kein Recht für Pflegefälle

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Jeden Sommer veröffentlichen die Volksanwälte ihren Jahresbericht. Heuer mit einer geharnischten Kritik an generellen Mißständen im Sozialsystem. Vor allem das eben erst in Kraft getretene Pflegegeldgesetz kommt bei den Volksanwälten schlecht weg.

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Jeden Sommer veröffentlichen die Volksanwälte ihren Jahresbericht. Heuer mit einer geharnischten Kritik an generellen Mißständen im Sozialsystem. Vor allem das eben erst in Kraft getretene Pflegegeldgesetz kommt bei den Volksanwälten schlecht weg.

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Die Volksanwaltschaft schlägt Alarm: Weil „nicht genügend richterliches Personal” zur Verfügung steht, ist es für Pflegegeld-Anspruchsberechtigte der Stufen 3 bis 7 im Zeitraum von 1. Juli 1993 bis 31. Dezember 1996 nicht möglich, Ansprüche auf eine höhere Einstufung auf dem Rechtsweg einzuklagen. Im Klartext: Selbst wenn der Pflegegeld-Empfän-ger überzeugt ist, daß ihm ein höheres Pflegegeld zusteht, hat er keine Möglichkeit, seinen Anspruch vor dem Gesetz geltend zu machen.

42 Monate „Übergangsfrist”

Bekanntlich ist ab 1. Juli 1993 der Rechtsanspruch auf Pflegegeld in Höhe der Stufe 1 (2.500 Schilling für

50 Pflegestunden monatlich) und der Stufe 2 (3.500 Schilling für 75 Stunden) geregelt. Dieses neue Bun-despflegegeldge-setz regelt zwar auch die Voraussetzungen, die ein Hilfsbedürftiger erfüllen muß, um das Pflegegeld der Stufen 3 bis 7 (von 5.400 bis zu 20.000 Schilling bei praktischer B ewegungs-unfähigkeit) zu erlangen, ermöglicht es den Betroffenen aber nicht, gegen die Einstufung durch ein ärztliches Gutachten zu berufen - dies ist erst ab 1. Jänner 1997 möglich. Die Erläuterungen zum Gesetzesentwurf begründen die 42 Monate dauernde Ubergangsfrist mit dem Mangel an richterlichem Personal: Der Arbeitsanfall durch die zu erwartenden Klagen vor den Arbeitsund Sozialgerichten sei personell nicht zu bewältigen.

Einschränkung der Kontrolle

Diese Beschränkung der Rechtsmittel betrachtet die Volksanwaltschaft als „Einschränkung der Kontrolle der Rechtmäßigkeit der Entscheidung des Bundes beziehungsweise der Sozialversicherungsträger”. Ganz abgesehen von der existentiellen Bedeutung, die das Pflegegeld für jene hat, die auf die Betreuung durch Dritte angewiesen sind. In der Tagespresse wird schon über die Überprüfung des neuen Gesetzes durch den Verfassungsgerichtshof spekuliert. FURCHE-Recherchen bestätigen das als durchaus realistisch.

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