Das dritte Modell

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Manfred Prisching mit einem Blick auf globale Machtverhältnisse und ihre Herausforderungen.

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Manfred Prisching mit einem Blick auf globale Machtverhältnisse und ihre Herausforderungen.

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Früher hätte man beim (stark vereinfachten) Blick auf die Welt zwei Alternativen gesehen: das marktwirtschaftlich-liberale Demokratiemodell des Westens und das autoritär-planwirtschaftliche Modell des Ostens. Von den Ländern des globalen Südens setzten manche das sozialistische Modell um und scheiterten mit großer Regelmäßigkeit. Viele realisierten das westliche Modell, allerdings oft mit unschönen Einschränkungen und Abhängigkeiten, allemal mit Heuchelei, mehrheitlich mit Korruption.

Mittlerweile wurde das Westmodell angereichert durch Konsumismus und Entertainment, der „öffentliche Diskurs“ ist skurril geworden. Der lächerliche Prahlhans aus den USA und sein Putschversuch haben das ikonische US-System diskreditiert. Das soll Demokratie sein? Da schien Putin ein anderes Kaliber zu sein. Das sowjetische Modell wurde umgebaut zu einem komplizierten Gebilde rivalisierender Gruppen: Oligarchentum, Geheimdienst, Armee. Ein Mischwesen aus Brutalkapitalismus, Korruption und Staatshoheit. Letztere wurde zugespitzt auf das auratische Machtzentrum: den Führer. Das hat allen Diktatoren gefallen.

Nun hat sich der stille Imperialist aus dem Osten bei der ehrgeizigen Wiederherstellung des Zarenreichs verkalkuliert, ist in einen ungewollten Krieg geschlittert und sieht sich zuletzt noch einem Putschversuch ausgesetzt. Das bringt das Machtgefüge des Landes in Unordnung, vor allem zerstört es Aura und Charisma. Beim Trumpismus als Produkt des westlichen Systems konnten die Machthaber der Dritten Welt nur lachen. Jetzt zeigt sich, dass auch der Putinismus keine Grundlage für die Perpetuierung uneingeschränkter Herrschaft bietet. Eigentlich bleibt als Referenz nur die China-Diktatur. Vom Dollar steigt man auf Yuan um.

Der Autor ist Professor für Soziologie an der Universität Graz.

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