Verfall der Gesprächskultur

19451960198020002020

Von Vollkasko- bis Vollkoffermentalität: Wie eine immer schlechter werdende Gesprächskultur die Glaubwürdigkeit mindert.

19451960198020002020

Von Vollkasko- bis Vollkoffermentalität: Wie eine immer schlechter werdende Gesprächskultur die Glaubwürdigkeit mindert.

Werbung
Werbung
Werbung

Als ob die weltwirtschaftlichen und weltpolitischen Rahmenbedingungen des Herbstes nicht unwirtlich genug wären, zeigen auch innerhalb der österreichischen Gesellschaft viele Zeichen auf Sturm. Im Rahmen einer Podiumsdiskussion des Österreichischen Integrationsfonds wurde kürzlich die sich weiter verschlechternde Gesprächskultur thematisiert. Dabei fiel naturgemäß Schelte auf die Medien, doch wurde rasch klar, dass nicht nur in polarisierender Berichterstattung und in den sozialen Medien, sondern bis in private Gesprächszirkel Töne zu finden sind, die sich zur schlechten Musik des Populismus vereinen. Dabei ist tragisch, dass die Akteure übersehen, dass sie ihre eigene Position untergraben, wenn sie immer tiefer in den Schmutzkübel greifen: Wenn der Vorsitzende des Fiskalrats ein Umsichgreifen einer „Vollkaskomentalität“ beklagt, trifft dies wohl den Nagel auf den Kopf; dass dies daraufhin unter dem Gejohle der Menge vom Vorsitzenden des ÖGB als „Vollkoffermentalität“ bezeichnet wird, ist populistisch und der Würde einer Arbeitnehmerinteressenvertretung abträglich.

Wenn die Regierungsparteien milliardenschwere Pakete zur Abfederung einer drohenden Kostenlawine für Privathaushalte beschließen, kann man darüber geteilter Meinung sein; dass ein Oppositionspolitiker jedoch dazu meint, die Regierung habe „nichts“ gemacht, ist populistisch und beschädigt seine eigene Glaubwürdigkeit. Allerdings: Entscheidende Verantwortung für den Verfall der Gesprächskultur haben Bürger, die solchem Populismus – gleichgültig, ob er von rechts oder von links auftritt – nicht eine klare Absage erteilen. Möge sich jeder von uns „am Riemen reißen“ und verbale Abrüstung betreiben. Wenn es uns nicht gelingt, aufeinander zuzugehen, werden die Unbilden des Herbstes größer, als es ohnedies wahrscheinlich ist! Der Autor ist Professor für Arbeits- und Sozialrecht und Leiter des Instituts für Familienforschung

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung