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Ladenschlußwort

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Nachdem sich die Gemüter wieder beruhigt haben und die Sache vorerst mit einer Nestroyschen Pointe geendet hat, möchte ich zum Thema Ladenschluß . noch einige grundsätzliche Bemerkungen machen.

Erstens glaube ich — daß die derzeitigen Öffnungszeiten keineswegs den Bedürfnissen der Konsumenten entsprechen.

Das Argument, daß die wöchentliche Arbeitszeit ohnehin nur mehr vierzig Stunden betrage, die Geschäfte aber ohnehin 50 bis 55 Stunden geöffnet hätten, ist praxisfremd: Die Differenz (zehn bis fünfzehn Stunden) kann weder netto noch en bloc zum Einkaufen verwendet werden. Wenn jemand um 17 Uhr das Büro verläßt und — was die Regel ist — zwischen Büro und Wohnung ein öffentliches Verkehrsmittel benützt, hat er nur die Wahl sich abzuschleppen (beim Einkauf in Büronähe) oder sich abzuhetzen (beim Einkaufin Wohnnähe). Die Anschaffung von höherwertigen Konsumgütern ist dadurch überhaupt nur am Freitag nachmittag und am Samstag möglich.

Zweitens glaube ich, nicht zuletzt wegen des unter Punkt eins aufgezeigten Aspekts, daß eine flexiblere Ladenschlußregelung auch für die Handelsangestellten und für kleine Handelsbetriebe (also die derzeitigen Hauptgegner einer Änderung) Von Vorteil sein könnte. Die Konzentration der Einkaufsmöglichkeiten auf nur wenige Stunden der Geschäftszeit, die beim Konsumenten zu der bekannten Einkaufshektik führt, bringt bei den Verkäufern abwechselnd Fadesse (vom Aufsperren bis Büroschluß) und Streß (nach Büroschluß und am Samstag).

Für den Geschäftsinhaber ergibt sich dadurch zwangsläufig eine geringere Arbeitsproduktivität, als sie bei angepaßteren Öffnungszeiten möglich wäre. Meiner Meinung nach ist das mit eine Ursache für das vergleichsweise schlechte Einkommen der Handelsangestellten (eine gute Sekretärin verdient wesentlich mehr als eine gute Verkäuferin).

Drittens glaube ich, daß man jetzt, nachdem sich die Emotionen (die sich einen wichtigeren Anlaß verdient hätten!) gelegt haben, mit einer sachlichen Informationsarbeit die Ängste der Handelsangestellten und der Familienbetriebe im Handel zerstreuen könnte: Es geht nicht um längere, sondern um andere Öffnungszeiten.

Und es geht auch nicht, das sei gerade in der FURCHE festgehalten, um die Förderung eines Konsumrausches, sondern um das genaue Gegenteil: Um das überlegte, besonnene Einkaufen ohne dem Druck der herannahenden Rollbalkenstange.

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