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Manfred Huss: Keine Lust mehr auf Streit

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„Ich habe keine Lust mehr, mich mit der Stadt Wien, sprich dem Kulturamt, herumzustreiten”, klagt Manfred Huss, Dirigent, Pianist und Gründer der „Haydn Sinfonietta” und des Festivals „Wiener Klassik”. Nach fünf Jahren Musikkulturaktivität in Wien bricht Huss nun seine Zelte in der Bundeshauptstadt ab. „Wir werden wien- und österreichungebunden weiterarbeiten.”

Über den künftigen Ort seiner Veranstaltungen schweigt sich der Künstler allerdings noch aus. Verhandlungen laufen mit einigen Städten in Europa. London scheint sich besonders anzubieten, da seiner Meinung nach die Hauptstadt Großbritanniens die derzeitige Musikmetropole Europas ist.

„In London konzentrieren sich die Kammer- und Symphonieorchester innerhalb Europas. Das zieht auch die Musikverlage dort hin”, so Huss, „Wien hat seinen Ruf als die Musikstadt längst eingebüßt. Hier fehlen die kleinen Kammerorchester und der Ruf der Wiener Symphoniker hat an internationaler Bedeutung verloren. In Österreich wird man in Zukunft von der ,Haydn Sinfonietta' nicht mehr viel hören.”

1984 gründete Manfred Huss die „Haydn Sinfonietta Wien”. Die Orchesterbesetzung entspricht jener, die Haydn zu Lebzeiten zur Verfügung stand. Mit dem Konzept, mit originalen Instrumenten in historischen Räumen zu spielen und so eine besondere Originaltreue zu erzielen, initiierte Huss 1988 das Festival „Wiener Klassik”. Für die Wiener und für die

Sommertouristen öffnete er damit bei-spielsweise die Redoutensäle der Hofburg für Konzerte oder den Hay dn-Saal im Palais Esterhäzy. Auch international erregte das Festival große Aufmerksamkeit. 1992 reihte die Londoner „Times” das Festival „Wiener Klassik” unter die 35 wichtigsten Veranstaltungen seiner Art.

„Schon damals hat uns das Kulturamt der Stadt Wien Steine in den Weg gelegt, wo es nur konnte”, erklärt Huss, „ich mache dafür gar nicht die Beamten des Amtes, sondern die Politiker verantwortlich.” Der Künstler kritisiert die konzeptlose Subventionsvergabe seitens der Stadt Wien.

Wien zu wenig innovativ

„Da werden aus Tradition Millionen in die Wiener Festwochen, in Musical-Produktionen, in den Wiener Musiksommer oder in die Wiener Symphoniker verpulvert. In London gibt's das einfach nicht. Da überleben kleine und große Orchester nicht durch staatliche Gelder, sondern durch private Sponsoren und vor allem durch die Qualität ihrer Leistungen”, erläutert Manfred Huss. Ohne private Geldgeber hätte die „Haydn Sinfonietta Wien” nie überlebt. Die britische Computerfirma ICL garantierte das Überleben des Orchesters mit großzügiger Unterstützung.

Die Wiener Kulturpolitik sei weder zukunftsorientiert noch innovativ, noch bereite sie den Boden für eine Vielfalt von Kulturinitiativen, meint Huss. „Die Millionen, die mehr oder weniger sinnlos in Großveranstaltungen investiert werden, sollten besser zur Unterstützung verschiedener, kleiner Veranstaltungen verwendet werden.”

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