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Mann von heute

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(Komödianten, Wien; „Baal” von Bertolt Brecht) Die Bearbeitung und Conny Hannes Meyers Inszenierung arbeiten heraus, was dieses Stück, mit dem der alte Brecht nichts mehr anzufangen wußte, nicht im Licht von dessen späteren Positionen, sondern in der radikalen Konfrontation mit unserer Zeit verständlich macht. Aber schon die Besetzung der Titelrolle mit Wilfried Baasner war eine Weichenstellung.

Hier geht es jedenfalls nicht um „das Genie” und dessen echtes oder vermeintliches „Recht” auf schrankenlosen Egoismus. Dieser Baal ist einer, der sich auf Kosten seiner Mitmenschen alles herausnimmt, ein Selbstzerstörer zugleich, ein Faszinierender, dem zu erliegen gefährlich ist.

Und da ein Großteil der Lyrik gestrichen wurde, ist es ein Baal, der alles nimmt und wenig gibt, kein Genie, sondern ein schrankenloser Egoist mit schmalem Talent, mehr ein Blender als ein Dichter. Einer vom Schlag zahlloser Mini-Baals, die sich auch heute herumtreiben.

Daß der aus mehreren Fassungen zusammengebaute Text mit grünen Redewendungen durchsetzt ist, die von heute sein könnten, verstärkt seine bestürzende Aktualität, seine erstaunliche literatursoziologische Authentizität: Ein Mann von heute, dieser Baal!

Duplizität der Ereignisse: Nicht nur im Burgtheater, auch bei den Komödianten, hier von Gerhard Jax, gibt's ein besonders phantasievolles, funktionelles Bühnenbild zu sehen.

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