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Melde- als Allzweckregister

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„Menschen, die im Bundesgebiet Unterkunft nehmen, möglichst leicht und sicher aufzufinden" sei der Sinn des Entwurfes eines neuen Meldegesetzes. Aufgrund von Scheinmeldungen und nicht gemeldeten Bewohnern sei klar, daß „eine Verstärkung der Kontrollmöglichkeit und eine Inpflichtnahme der Unterkunftgeber unerläßlich sein würde", sehen die Erläuterungen des umstrittenen Gesetzesentwurfs den Handlungsbedarf.

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„Menschen, die im Bundesgebiet Unterkunft nehmen, möglichst leicht und sicher aufzufinden" sei der Sinn des Entwurfes eines neuen Meldegesetzes. Aufgrund von Scheinmeldungen und nicht gemeldeten Bewohnern sei klar, daß „eine Verstärkung der Kontrollmöglichkeit und eine Inpflichtnahme der Unterkunftgeber unerläßlich sein würde", sehen die Erläuterungen des umstrittenen Gesetzesentwurfs den Handlungsbedarf.

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Doch „eine Rückkehr zur Meldepflicht des Unterkunftgebers, wie sie etwa im Meldegesetz 1954 vorgesehen war, würde vom Bürger zu Recht als Bevormundung empfunden werden." Deshalb sollen Mieter bei Neuanmeldungen sich vom Vermieter bestätigen lassen, daß sie wirklich an der angegebenen Adresse Unterkunft bezögen. Der Vermieter hat zu seiner Unterschrift am Meldezettel leserlich seinen Namen beizufügen, die Unterschrift des Amtsorgan beim Anmeldevermerk braucht nicht leserlich zu sein.

Mieter müssen sich beeilen, die Meldefrist beträgt nur drei Tag vor und nach dem Umzug. Eine Verbesserung gibt es: Umzügler können, wenn sie sich an ihrem neuen Wohnort anmelden, sich gleichzeitig abmelden, und sich einen Amtsweg ersparen.

Sorge um „Datenwahrheit"

Die Vermieter sollen unter Strafandrohung die Meldepflicht überwachen: „HatderUnterkunftgeberGrund zur Annahme, daß jemand, dem er Unterkunft gewährt oder gewährt hat, die ihn betreffende Meldepflicht nicht erfüllt habe, so ist er verpflichtet, dies der Behörde binnen 14 Tagen mitzuteilen." Vermieter können dazu von der Meldebehörde,.Namen, Geburtsdatum und Adresse aller in dem Haus, einer Stiege oder einer Wohnung angemeldeten Menschen" anfordern.

Die Polizei ist um die „Datenwahrheit" besorgt, die Meldebehörde soll, „Hinweise auf Verwaltungsverfahren verarbeiten, in denen Anhaltspunkte für die Aufgabe der Unterkunft entstanden ist." Wer ein amtliches Einschreiben nicht entgegennimmt, sei es wegen Abwesenheit und/oder Schlamperei, macht sich verdächtig.

Das Melderegister soll zu einem Fahndungsinstrument aufgewertet werden. Die „schon derzeit vielfach gehandhabten .Personenhinweise'" sollen legalisiert werden. In Fahndungen oder Verwaltungsstrafverfahren gesuchte Person sind abgemeldet oder haben die Unterkunft aufgegeben, ohne sich abzumelden. Ein Hinweis soll dann gespeichert werden. Sollte die/der Gesuchte gar auf die Idee verfallen, sich im Melderegister anzumelden oder eine Meldebestätigung zu begehren, so wäre die für das Verfahren zuständige Behörde zu verständigen.

Wenn eine Meldebehörde (Polizeidirektion oder Gemeinde) das Melderegister als Computerdatei führt, soll sie weiter ihre Datensätze an die zentrale Meldedatei des Innenministeriums übermitteln, obwohl nicht alle Gemeinden die Daten übermitteln konnten oder wollten. Es handle sich um ein „sicherheitspolizeiliches Instrument, dem unter der Voraussetzung einer generellen Akzeptanz durchaus größere Bedeutung zukommen könnte."

Das statistische Zentralamt soll laufend Daten über An- und Abmeldungen erhalten, um die Wanderungsstatistik, die nur die Anzahl der Ab-und Zugewanderten umfaßt, auch nach Alter, Staatsangehörigkeit, Geburtsland, et cetera gliedern zu können. Die zu übermittelnden Daten sollen erst in einer Verordnung festgelegt werden, was Makulatur ist, da die Meldebehörden dieser Pflicht entsprechen, wenn sie gleich alle Daten übermitteln. Das statistische Zentralamt könnte dann diese Daten mit Volkszählungsdaten verknüpfen und aktuell halten. Gemeinden, die nicht selbst das Melderegister führen, sollen die Meldedaten, wenn sie mit EDV verarbeitet werden, erhalten. Gebietskörperschaften erhalten Meldedaten, wenn diese zur Wahrnehmung gesetzlicher Aufgaben wesentlich sind. Genaue Regelungen fehlen, Direktabfragen über Datenfernübertragungen sind vorgesehen, exzessive Datenübermittlungen wären möglich.

Fremde erfreuen sich besonderer Aufmerksamkeit. Neu ist, daß sie Art, Nummer, Ausstellungsbehörde und Ausstellungsdatum ihres Reisedokuments am Meldezettel oder als Touristen im Gästebuch bekanntgeben müssen. Die Fremdenpolizei soll deren Meldedaten jederzeit direkt abfragen können, und nicht erst wenn diese „um einen Sichtvermerk ansuchen oder sonst fremdenpolizeilich in Erscheinung treten".

Asylwerber, deren Unterkunft vom Staat bezahlt wird, sollen nicht mehr im Melderegister aufscheinen, sondern im „Asylwerber-Informationssystem" des Innenministeriums. Das Auffinden von Asylwerbem seitens von Betreuem oder Journalisten könnte erschwert und eine stille Abschiebung erleichtert werden.

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