Wieder hatte das Salzburger Straßentheater Premiere im Lehe- ner Park, wieder wurde der Wagen, der als Bühne dient, von zwei schweren Rössern herbeigebracht. Was da vor der auf einem Abhang stehenden, dicht gedrängten Menschenmenge gespielt wird, ist innerhalb von zwei Wochen noch an siebenzehn verschiedenen Stellen der Stadt zu sehen. Und zwar die Posse „Häuptling Abendwind oder Das gräuliche Festmahl”, die Ne- stroy als letztes Jptück schrieb, deren Premiere mit ihm in der Titelrolle wenige Monate vor seinem Tod stattfand.
Hauptspaß: Da treffen sich zwei mächtige Indianerhäuptlinge zu einem versöhnlichen Festessen, wobei vorher jeder des anderen Gattin geraubt und mit Genuß verspeist hat. Da Fremde bei Häuptling Abendwind in den Kopftopf wandern, wird der zunächst allein auftauchende, vom Gastgeber unerkannte Sohn des Häuptlings Biberhahn seinem Vater als vorzüglich zubereitetes Festgericht vorgesetzt und von ihm ungewollt verzehrt. So scheint es, doch das Söhnchen hat sich herausgedreht. Hauptspaß? Eigentlich sollte einem beim Lachen der kalte Schauer packen. Was Nestroy in dieser, nach einer Offenbach-Operette geschriebenen „indianischen Faschingsburleske” mit ingrimmigen Witz anprangerte, waren die damaligen verbrecherischen Methoden der großen Kolonialmächte. Das gehört der Vergangenheit an. Aber wie ist es heute mit den beiden Supermächten? Mit den Gipfelkonferenzen?
Vor zwanzig Jahren wurde diese Burleske im Wiener Akademietheater gespielt, nun gibt es auf dem Wagen nur ein paar Quadratmeter Spielfläche, da wird unter der Regie von Oscar Fritz Schuh, dem Gründer dieses Straßen theaters, berechtigt das Burleske mit Anspielungen auf heute so recht hervorgetrieben. Die für Innenräume geschriebene Musik von Jacques Offenbach ersetzt eine pawlat- schenmäßige von Paul Angerer. Flott gepinselter Schauplatz von Ursula Schuh, lebhafter Beifall.
