Muß es nicht zu denken geben, wenn so viele Frauen als Spitzenfunktionäre, Sympathisanten oder Wähler bei den Grünen sind? Die Grünen als vielleicht glaubwürdigste ideologische Heimat der Frauen?
Mögliche Antwort: In der grünen Bewegung kommen viele Qualitäten zum Tragen, die man gemeinhin als „weibliche Qualitäten" bezeichnet, weil man sie fälschlicherweise in der Geschichte nur den Frauen zuschrieb, wiewohl ebensogut Männer diese Eigenschaften besitzen.
Es geht nicht mehr um die Sicherung von Arbeitsplätzen und Löhnen allein, sondern um jene Eigenschaften, die dem Schutz des Lebens dienen: Verantwortlichkeit gegenüber der Schöpfung, Fürsorglichkeit, Partnerschaft, Müde, Geduld, Gefühl.
Mit dem Männlichkeitsbegriff, wie ihn uns das Patriarchat, später der Faschismus, noch später die bedingungslose Leistungsgesellschaft hinterlassen haben, ist es vorbei. Wir wollen keine durch einen rigorosen Arbeitsprozeß kaputtgemachten Männer. Vorbei der Heroismus des gestreßten Alleinverdieners!
Den Jungen imponiert längst nicht mehr der unpersönliche Manager, sie wählen die dringend nötigen Sozialberufe. Sanftere Qualitäten werden verlangt, eine barmherzige Lebensführung mit Zeit für Gefühl und Romantik.
Weder Rot noch Schwarz haben das Verschieben alter Rollenbilder und Wertvorstellungen in ihr Bewußtsein von einer besseren Welt integriert. Haben es oft nicht einmal begriffen. Das hat den Parteien bisher gefehlt: Mut zu neuen Phantasien.
Zu wenig Luftschlösser, zu wenig Utopien, der Mangel an neuen Menschheitsträumen. Wer die Grünen irreale Phantasten nennt, ist noch lange kein Realist, sondern nur ein phantasieloser Mensch. Eine bessere Umwelt und Welt, wie wir sie jetzt brauchen, werden wir nur mit einer neuen Romantik bewerkstelligen können.
Die Grünen sind die mögliche Partei, die diesem Jahrhundert die verlorengegangene Ethik und Romantik nachreicht.
