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Moissejews Folklore-Show

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Das vor 35 Jahren gegründete Moissejew-Ensemble zählt 110 Künstler aus allen Teilen der Sowjetunion, hat etwa 300 Tänze in seinem Repertoire und hat in 50 Ländern mehr als 6000 Abende gegeben, die von 15,5 Millionen Zuschauern akkla-miert wurden. Igor Moissejew, der 1924 als Achtzehnjähriger Solotänzer des Bolschoi Tjatr war, macht etwas sehr Effektvolles, das aber künstlerisch einer gewissen Dubiosität nicht entbehrt: Er hat ein Leben lang Volkstänze und Volksmusik gesammelt und die ihm geeignet erscheine-den für sein Ensemble und für ein internationales Publikum bearbeitet.

Das vom 8. bis 12. November in der Wiener Stadthalle gezeigte Programm beginnt und endet mit zwei großen Suiten, in denen das gesamte Ensemble beschäftigt ist. Die „Ukrainische Suite“ führt den Titel „Der Frühling“ und blendet mit allerlei virtuosen Kunststücken und grellbunten Kostümen, bei denen — wie in dem russischen Jugendtanz „Die Waldwiese“ — die Farben Zuckerlrosa, Himmelblau und Wiesengrün dominieren. Die gute Laune der Tänzerinnen und Tänzer teilt sich auch dem Publikum mit, und die vielerlei Gags kommen mit unfehlbarer Sicherheit an. In der „Alten städtischen Quadrille“, im bjelorus-sischen Tanz „Jurotschka“ und in anderen Nummern gibt es auch paro-distische Elemente, die Vergnügen bereiten.

„Chorumi“, ein adscharischer Kriegstanz, mit schönen Kostümen in Schwarzweiß, und nur von einer Handtrommel begleitet, ist das weitaus strengste und wahrscheinlich auch echteste Stück. Was Moissejew freilich mit den drei moldauischen Piecen angestellt hat, läßt Rückschlüsse auf einige andere seiner Bearbeitungen zu: „Hora“, „Cio-cärlia“ und „Joe“ sind musikalisch und choreographisch so verfälscht, wie die Schreibweise im Programmheft („Chora“, „Tschiokyrlija“ und „Shok“), wobei noch anzumerken ist, das die berühmte „Lerche“, die u. a. von George Enescu in einer seiner rumänischen Rhapsodien verwendet wurde, ein reines Vortragsstück ist und in Rumänien überhaupt nicht getanzt wird. „Partisanen“ und „Marinssuite“ (aus dem Zyklus „Sowjetische Bilder“) imponieren durch virtuose Tricks und Showeffekte, wie man sie aus der Ziegfeld-Revue kennt. — Um die schönen, anmutigen Tänzerinnen und die kraftvoll-disziplinierten Tänzer kann manche Ballett-Kompanie Herrn Moissejew beneiden.

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