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Aussichtslose Konkurrenz

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Im Kunstgewerbemuseum — Eingang Weiskirchnerstraße — hat man jene Wiener Plakate, die man im Jahr 1952 allmonatlich als die besten gelobt und ausgezeichnet hat, einer vermutlich nicht ganz so sorgfältig ausgesuchten Schweizer Plakatkollektion gegenübergestellt und solcherart eine Konfrontation zwischen unseren Plakatwänden und denen eines Landes geschaffen, dessen Gebrauchsgraphik höchsten Ruf genießt. Man vergleicht also, wie's gewünscht wird.

Und ist niedergeschmettert:

Auf der eidgenössischen Seite: kein Plakat, in dem nicht wenigstens ein formaler Einfall steckte; kein Plakat — oder fast keines — das so oder so ähnlich schon einmal dagewesen wäre. Keines, das konventionell ist, das einer Pointe entbehrt oder, mehr noch, nicht ganz und gar auf diese Pointe abgestellt wäre.

Auf der österreichischen Seite aber: gute Durchschnittsleistungen; jedes von diesen Plakaten — eins ausgenommen, aber das wirbt bezeichnenderweise für ein Schweizer Erzeugnis — hat es schon einmal gegeben oder könnte so ähnlich auch für etwas ganz anderes Reklame machen. Kaum eine Pointe, wohl aber eine durchaus anerkennenswerte Sauberkeit im Formalen.

Das Schweizer Plakat macht Spaß und Vergnügen. Das österreichische aber wirbt in jenem behäbigen Ernst, der zu Gustav Freytags Zeiten möglicherweise noch als Kennzeichen kommerzieller Seriosität gegolten haben dürfte.

Und doch sind die österreichischen Plakate, die in dieser Ausstellung gezeigt werden, Spitzenleistungen, während die schweizerischen aus der Fülle herausgegriffen sind. Die hiesigen Filmplakate zum Beispiel — eine Sammlung von ihnen ist ebenfalls im Kunstgewerbemuseum an die Wand geklebt worden — sind fast ausnah ms-1 o s Schreckträume von provinzieller Rcklame-technik, giftig für Auge und Geschmack.

Aber dabei sind es — zum hundertstenmal sei's gesagt — nicht unsere Gebrauchsgraphiker, die eine solche Konkurrenz, von vornherein aussichtslos erscheinen lassen. In der Schweiz nämlich engagiert der Geschäftsmann den besten Reklamezeichner, der zu finden ist, bezahlt ihn hoch und redet ihm nicht dazwischen: denn der Zeichner versteht, so nimmt er an, von der Reklame so viel wie er selbst vom Verkaufen. Bei uns aber engagiert der durchschnittliche Geschäftsmann den billigsten Plakatmaler, den er auftreiben kann, läßt ihn drei Entwürfe machen, wählt den konventionellsten und der muß dann noch nach seinem Geschmack abgeändert ' werden. Die Ergebnisse sind an allen Gewista-Wänden kostenlos zu besichtigen.

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