6604787-1954_11_10.jpg
Digital In Arbeit

Geplantes und Ungeplantes

Werbung
Werbung
Werbung

Geplantes: Eine Ausstellung „Plänung Weidlingtal“ im Ausstellungsraum der Forschungsstelle für Wohnen und Bauen im Neuen Rathaus. Eine Reihe von Kartenskizzen, unterstützt durch Lichtbilder, geben einen ungefähren Ueberblick über' die Verhältnisse im Weidlingtal und die Aufgaben, die der Flächenwidmungs- und Bebauungsplan der Stadtbauamtsdirektion wird lösen müssen. Die Situation ist schwierig: Durch die chaotische Bauentwicklung der letzten Jahre, durch ungeplante Rodungen ist der Rand des Wienerwaldes ernstlich in seinem Bestand bedroht. Im Zuge der ungeordneten Bebauung entstanden Siedlungshäuser auf billigem, ungeeignetem, oft sogar feuchtem und abschüssigem Grund, ohne Anschluß an Gas, Wasser und Elektrizität. Aber auch in der Stadt selbst sind die Gassen für die Erfordernisse des modernen Verkehrs zu eng geworden und verlangen eine Neuregulierung. Die gezeigten Karten und Pläne geben gewissenhaft über den gegenwärtigen Zustand und die Planungsgrundsätze bei einer Neuordnung Auskunft. Eine Ausstellung freilich ist daraus nicht geworden: dafür wird der Stoff zu wenig anschaulich, zu wenig plastisch dargeboten.

Ferner: Eine Ueberschau über die Römerzeit in Wien im Historischen Museum der Stadt Wien im Neuen Rathaus, die bei dieser Gelegenheit empfohlen sei (ebenso wie die Sonderschau: Moritz von Schwind und seine Vaterstadt).

Dann: Die Ausstellung der besten Wiener Plakate 1953 im Museum für angewandte Kunst (Eingang: Weißkirchnerstraße). Zunächst fällt eine Wand mit Plakaten von Toulouse- Lautrec auf, die nur deswegen 1953 keinen ersten Preis erhielten, weil sie eben schon seit 50, 60 Jahren das meiste schlagen, was an den Plakatwänden affichiert wird. Daneben eine bunte Schau alter Vergnügungsplakate, die im allgemeinen ebenso geschmacklos, wenn auch nicht ganz so einfallsarm waren wie die Plakate der Vergnügungsindustrie heute. Weiter: Die besten Plakate des vergangenen Jahres, nämlich Meinls „Ich bin’s"von Otto Exinger, eine heitere Abwandlung des sattsam bekannten „Kaffeehäferlguckers", das den ersten Preis erhielt, dann „Coca-Cola- Englhofer Bonbons", von Hanns Wagula, einen wilddreinschauenden Indianer darstellend (zweiter Preis), und das Plakat der Wiener Herbstmesse von Walter Spanihel (dritter Preis). Unter den preisgekrönten Vierteljahrsplakaten scheint ein weiteres Meinl-Plakat auf: der ..Keks-Waffel- Mann" von Ernst Gric. dann „Sport-Toto: 5. Spieljahr" von Walter Hofmann und das Weihnachtsmännchen aus dem Atelier Wega, das für Karat-Krawatten wirbt. Eine Auswahl, die nicht immer glücklich getroffen wurde, was aber verziehen sein mag, da das Wertungskollegium nicht aus dem vollen schöpfen konnte. Unter den besten

Plakaten des Monats kann man die sieben Entwürfe Hans Fabigans und noch das eine oder andere Plakat aus den Ateliers Hofmann, Kozsler, Triga oder „Der Kreis" gelten lassen, ohne beide Augen zudrücken zu müssen, was ja schließlich nicht gerade der Zweck eines Plakates sein soll.

Ungeplantes: Seit Wochen hängt in der Kärntner Straße ein Großplakat, das zum Besuch des Films „Der b r e n n d e Pfeil" einlädt. Das ist kein Druckfehler, das steht wirklich dort. Man glaube nicht, daß ės niemand bemerkt. Aber es wird mit einer Selbstverständlichkeit zur Kenntnis genommen, als ob man nicht verdienen würde, auf den Wänden besser bedient zu werden, und der Filmgesellschaft recht gibt, die es nicht für nötig hält, den Fehler auszubessern. Das Publikum besucht ohnedies den Film …

Dann: Warum hat für den Moulin-Rouge-Film, der jetzt mit großem Erfolg gezeigt wird, nicht das Plakat geworben, das Toulouse-Lautrec damals für das alte Moulin-Rouge malte? Es hätte das Geschäft bestimmt nicht verdorben. Aber . wahrscheinlich ist niemand auf die Idee gekommen. Die Idee ist bekanntlich das halbe Plakat. Und deshalb fehlt unseren Filmplakaten die bessere Hälfte, und die Ausstellung im Kunstgewerbemuseum stellt mit Recht die Frage: „Könnten Filmplakate nicht auch besser sęin?"Nein, scheint „So jung, und so verdorben" zu sagen. Ja, möchte „Don Camillo" erwidern…

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung