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IM STREIFLICHT

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T TNVERSTANDLICH ist uns, daß das kultivierte und kunstverständige Wiener Musikpublikum es sich nicht nehmen lassen will, bei Liederabenden alle zwei bis drei Minuten, auch bei geschlossenen Liederzyklen, den Vortrag des Sängers durch Applaus zu unterbrechen. Neulich wieder bei einem Liederabend wurde das besonders störend und peinlich empfunden, als der Applaus bei einem Wesendonck-Lied sogar noch vor dem Nachspiel einsetzte ... Es- ist doch schon fast ein Menschen-alter her, daß Wilhelm Furtwängler das Klatschen nach den einzelnen Symphoniesätzen abschaffte. Wer wagt's von den großen Sängern, in seine Fußstapfen zu treten und dem Publikum höflich, aber entschieden zu bedeuten, daß auch ein Liederzyklus von Schubert oder Hugo Wolf ein Ganzes ist, das nicht durch den unmelodischen Lärm des Händeklatschens gestört werden darf?

T“\ER Landesmusikdirektor der Steiermark, Professor Marckhl, hat vor mehr als zwei Jahren ein „Studio für Probleme zeitlich naher Musik“ gegründet, dessen Aufgabenbereich, wie schon der Name sagt, nicht allein auf die Pflege der „zeitgenössischen“ Kompositionen beschränkt ist. Vielmehr wurden und werden in diesem Studio, das zuerst mit Radio Graz, später mit dem Musikverein gekoppelt war, unabhängig von Geburtsdaten und Stilrichtungen alle jene Werke zur Diskussion gestellt und aufgeführt, die das musikalische Antlitz unseres Jahrhunderts geformt und Positionen für künftige Entwicklungen geschaffen haben. Im vergangenen Herbst war es Professor Marckhl möglich, die Veranstaltungen des Studios um vier Orchesterkonzerte zu bereichern, für die die steirische Landesregierung großzügige Subventionen zur Verfügung gestellt hat. Im dritten Konzert dieser Reihe, deren Abende ebenfalls alle zu einem Eintritt von fünf Schilling zugänglich sind, wurde die Kantate „Ulysses“ von Mätyäs Seiber erstmals in Oesterreich aufgeführt. — Ein guter Weg und ein mutiges Unternehmen.

DEN Besucher der Manzü-Ausstellung im Kunst-gewerbemuseum erwarten einige Ueberraschun-gen. Zunächst ist es der hohe Eintrittspreis. Fünf Schilling für den Besuch einer Ausstellung auszugeben, ist nicht jedermanns Sache, und in Wien auch sonst ganz ungebräuchlich. Dann ist es der Katalog, für den gleich 14 Schilling verlangt werden. Nun, man muß sich ja keinen Katalog kaufen — sollte man meinen. Aber schon gibt es eine weitere Unhöflichkeit: Die einzelnen gezeigten Plastiken und Graphiken sind numeriert, aber nicht beschriftet. Die Erläuterungen zu den Nummern finden sich aber nur im Katalog. Wäre es wirklich nicht möglich gewesen, den Eintrittspreis etwas zu reduzieren und für die Besucher, die sich keinen Katalog leisten können, einen hektographierten Zettel an die Wand zu heften, auf dem die Namen der einzelnen Ausstellungsobjekte angegeben sind?

ENTWURF: „Wagula“ steht auf einem schönen Plakat, das sich auf wenige Farben beschränkt, auf grau, schwarz und rot. Dieses Plakat wurde nun zum besten Plakat des Monats gewählt, mit Recht. Das Ueberraschende an der Sache ist nur der Gegenstand, für den es wirbt: die Gedächtnisausstellung von Graphiken und Gemälden für Wilhelm Thöny im Oberen Belvedere. Eine ganz und gar nicht aufregende Sache also. Und doch: die Tatsache, daß ein künstlerisch wertvolles Plakat einmal für Kunst und für nichts anderes wirbt, ist so selten geworden, daß man freudig überrascht ist.

TN aller Stille — wie das in solchen Fällen schon zum guten Ton gehört — bereitet man die Verbauung des Springer-Parks in Meidling vor. Ob bis zum nächsten „Tag des Baumes“ die alten Eichen und Robinien in dem Geviert von 520 X 220 m das Zeitliche gesegnet haben, steht noch nicht fest. Indes, in dieser Gegend ist das Baumumlegen Tradition. 1920/21 ist der sogenannte „Wildpark“ bei Dreher mit insgesamt 500 alten Bäumen zur höheren Ehre eines neuen Sportplatzes liquidiert worden. Die Bezirkspläne zeigen zwar Straßenzüge in der Verlängerung der Frauenheimgasse, der Rosasgasse und gleichlaufend zur Bischofgasse von der Schönbrunner Straße zur Tivoligasse. Indes: unten — prost I — ist das Bier dagegen, und oben - Schuß, Tori — der Platz eines Staatsligavereins. Da muß anderwärts ein Tor geschossen werden.

TJÜNFZEHNMAL im Jahr besucht der Oester-reicher im Durchschnitt ein Kino, stellt soeben die verdienstvolle „Arbeitsgruppe Filmstatistik und Dokumentation“ der- „Oesterreichischen filmwissenschaftlichen Gesellschaft“ für das Jahr 1953 fest; der Städter natürlich häufiger: der Wiener 27mal, der Eisenstädter nur 22mal, der Salzburg aber 31mal. Im ganzen zählten wir 1953 fast 108 Millionen Besucher in 1143 österreichischen Kinos, darunter 48 Millionen in 228 Wiener Kinos. Das Verhältnis vom Kino- zum Theater- (einschließlich Konzert-) Besuch steht in Wien 95 zu 5 Prozent, in Eisenstadt 100 zu 0 Prozent, in Klagenfurt am „ausgeglichensten“: 81 zu 19 Prozent. Im vergangenen Jahr (19 54) wurden in Wien nicht weniger als 453 neue Filme gezeigt;.der stärkste Monat war der Juli mit 48 Premieren, der schwächste der Februar mit 27. An der Spitze lagen USA (219), Westdeu'-chland (105) und Frankreich (32); an sechster Stelle folgt Oesterreich mit 22. Im selben Jahr wurden 22 österreichische Filme uraufgeführt, 5 in Wien, 2 in Salzburg und Innsbruck, aber gleich 13 in Westdeutschland und 1 in Venedig...

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