„Cringe“ als rechte Nuance

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Was das Jugendwort des Jahres mit einer altneuen TV-Sendung zu tun hat.

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Was das Jugendwort des Jahres mit einer altneuen TV-Sendung zu tun hat.

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Wer sich familiär mit Halbwüchsigen herumschlagen muss, der kommt schon seit geraumer Zeit am mittlerweile zum Jugendwort des Jahres gekürten „cringe“ nicht vorbei. Gefühlte hundert Mal am Tag schleudern einem die Sprösslinge das Wort entgegen, um das tiefe Missfallen an elterlichen Aktivitäten oder Ausdrucksweisen kundzutun.

Für Leserinnen und Leser, die nicht zur Zielgruppe der „Cringe“-User oder deren Eltern gehören, sei angemerkt, dass mit dem neudeutschen Ausdruck etwas zwischen „zum Fremdschämen“ und „peinlich“ gemeint ist.

Nun liegt es in der Natur des Generationen-Zueinanders, dass man als Oldie seine Youngster nicht immer auf Anhieb versteht. Ob man daneben aber in Medienprodukten, die der Sprachqualität einen hohen Stellenwert zumessen, auch mit dieser Sprache behelligt werden muss?

Man muss, wie wir der Montagausgabe der Presse entnahmen, stach uns dort doch die Überschrift „Wohlig und ein bisschen cringe“ entgegen. Was die Kollegin TV-Kritikerin damit überschrieb, war eine Rezension der – einmaligen? – Neuauflage der legendären Samstagabend-Show „Wetten, dass …?“ mit Altmeister Thomas Gottschalk und seiner letzten Co-Moderatorin Michelle Hunziker.

Und als wir uns anschickten, uns über die jugendsprachliche Plattitüde beim großen Tagblatt zu echauffieren, wurden wir schnurstracks von einer beunruhigenden Erkenntnis gebremst: Denn „Wohlig und ein bisschen cringe“ bringt den „Wetten, dass …?“-Versuch anno 2021 genial auf den Punkt. „Peinlich“ zu schreiben wäre peinlich gewesen.

Man muss zugestehen, dass „cringe“ die rechte Nuance, um die es da geht, zum Ausdruck bringt.

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